Der erste Band der Angela Marchmont-Reihe The Murder at Sissingham Hall (Der Mord auf Sissingham Hall) von Clara Benson spielt auf dem Landgut Sissingham Hall.
Der Krimi beginnt bei Charles Knox, der die Geschichte aus seiner Perspektive erzählt. So dauert es auch relativ lange bis die Figuren endlich auf dem Landgut ankommen, denn zuvor wird noch die Ankunft und die ersten Wochen in England beschrieben. Dass es erst einmal etliche Seiten braucht, bis die Handlung voll los geht und bis der Mord geschieht, muss man mögen, denn man brauch schon ein bisschen Geduld.
Außerdem fand ich es komisch, dass die Handlung aus Sicht von Charles beschrieben wird, da es sich ja um einen Angela Marchmont-Krimi handelte. Irgendwie habe ich mich die ganze Zeit gefragt, warum er der Erzähler ist und es hat sich mir bis zum Schluss nicht so ganz erschlossen, obwohl er bei den Ermittlungen maßgeblich beteiligt ist, hätte man doch aus Sicht der Protagonistin oder mit einem allumfassenden Erzähler arbeiten können.
Daran liegt es auch, dass man über das Innenleben, ihre Gedanken, Gefühle und ihre Ermittlungsarbeit wenig erfährt. Das fand ich sehr schade. Ich mochte Angela von dem, was man so mitbekommen hat, zwar ganz gerne. Dennoch hatte ich bis zum Ende das Gefühl, keinen rechten Zugang zu ihr erhalten zu haben. Da sie in diesem ersten Band auch noch keine vorherige Ermittlungserfahrung hat und keine ausgebildete Polizistin oder Detektivin ist, kommt vor allem ihr Teil der Ermittlungsarbeit in der Erzählung etwas kurz.
Was mir aber gut gefallen hat, war, dass es sich hier um einen Whodunit handelte, obwohl es immer wieder Theorien gab, dass der Mörder (oder eine Gruppe) von außen kam, eigentlich einen Diebstahl begehen wollte (oder ein Geschäftsrivale von außen kam) und Neville in seinem Arbeitszimmer ermordet hat. Diese Theorien wurden aber aus diversen Gründen immer wieder verworfen (hauptsächlich, weil das Haus abends abgeschlossen wird und ein Fremder in der Umgebung sicherlich jemandem aufgefallen wäre). Hinzu kommt, dass es sich um ein offenes Locked Room Mystery handelte. Die Bürotür war abgeschlossen, die Terrassentür aber nicht, sodass man von außen hereinkommen konnte. Da es aber niemand von außen gewesen sein kann, muss es jemand aus dem Haus gewesen sein, wobei aber nach elf Uhr abends niemand mehr raus (und nach dem Verbrechen wieder rein)gekommen wäre, weil der Butler sämtliche Türen abgeschlossen und kontrolliert hat (und die Fenster sich nicht vom Rein- und Rausklettern eignen). Gerade diese Umstände führen lange zu Verwirrungen und machen den Fall aus. Hinzu kommt nämlich, dass die meisten für den ganzen Abend ein Alibi haben.
Alles in allem handelte es sich hier um einen klassischen, britischen Krimi, den ich sehr mochte. Ich mag Locked Room Mysterys und Whodunits, außerdem weibliche Ermittlerinnen. Leider kommt Angela Marchmonts Ermittlungsarbeit durch die Erzählfigur etwas kurz und man erfährt praktisch nichts über sie, was ich sehr schade fand. Dennoch mochte ich den ersten Band der Reihe und deshalb werde ich den zweiten lesen, in dem ich dann hoffentlich mehr über Angela erfahren werde.