Rezension: Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte von Paulo Coelho
Die Inhaltsangabe von Paulo Coelhos Roman „Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte“ findet ihr oben.
Ehrlich gesagt – ich weiß noch nicht genau, wie ich den Roman von Paulo Coelho finden soll.
Pilar und ihr Jugendfreund bleiben für mich ein wenig undurchsichtig, obwohl Pilar dem Leser oftmals Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gewehrt, fand ich es schwierig sie mir als leibhaftigen Menschen vorzustellen. Aber noch schwieriger finde ich es, mir ihren Jugendfreund vorzustellen. Die Charaktere blieben meiner Meinung nach etwas flach, undurchsichtig, was für einen Roman mit solcher Tiefe leider recht schwierig ist und so das Thema nicht richtig rüber zu bringen vermag.
Sehr schön fand ich, dass die Liebesgeschichte zwischen Pilar und ihrem Jugendfreund so rührend beschrieben wurde. Sie verbringen ihre Kindheit und Jugend miteinander, verlieren sich dann aus den Augen, Pilar erhält immer wieder Briefe von ihrem Jugendfreund. Sie treffen sich in Madrid, als er einen Vortrag hält. Spontan begleitet sie ihn auf eine Reise, die nicht nur ihn, sondern auch sie und ihre Beziehung zueinander verändert.
Die religiös-spirituelle Note hat einen interessanten Aspekt in diese Liebesgeschichte eingebracht. Natürlich musste ich mich oftmals an die bisweilen doch recht seltsam anmutenden Rituale und Ideen der Protagonisten gewöhnen. So beten sie zu einer Mutter Gottheit und verfallen dabei in einer Art Trance bei der sie in einer fremden Sprache sprechen, die Pilar nicht versteht, die sie aber auch spricht und zumindest so ungefähr erfasst, was das bedeutet, das die anderen beten und das später auch sie betet. Gleichzeitig sprechen sie immer wieder davon, dass Gott auch ein weibliches Antlitz hat. Diese Theorie gefiel mir aus feministischer Sicht recht gut, auch wenn mir bis jetzt noch nicht klar ist, wie sie diese Theorie begründeten. Es hatte etwas mit der Wichtigkeit Marias mit Jesus Leben und Schicksal zu tun, außerdem ging es um die Wichtigkeit des Wassers, das wie Frauen Leben schenkt und ermöglicht und deshalb besonders wichtig ist und besondere Verehrung verdient. Aber all diese religiösen Aspekte sind meiner Meinung nach, nicht auf die christliche Religion beschränkt und haben mit ihr nur sehr entfernt zu tun. Für mich hat dieser christliche Katholizismus nur einen Stellvertreterposten, denn es geht, meiner Ansicht nach, nur darum, dass Pilar lernt, dass es manchmal Dinge im Leben gibt, die man nicht vorhersehen kann, dass es Dinge gibt, an die man lernen muss zu glauben so zum Beispiel die Liebe zu ihrem Jugendfreund, der sie sich immer versuchte zu entziehen, weil sie wusste, dass damit Schmerz verbunden sein würde. Sie konnte sie nicht zulassen, weil diese Liebe nicht in das Bild passte, das sie sich als ideale Phantasie selbst erstellt hatte. Erst mit ihrer Reise und ihrer wie auch immer gearteten spirituellen Erleuchtung lernt sie, dass sie die Liebe zulassen muss und nur so glücklich werden kann. Das ist aber allein meine Meinung, die mit absoluter Sicherheit nicht von jedem geteilt wird.
Alles in allem ein sehr rührender Roman mit einer tollen Liebesgeschichte, die eng mit der Suche nach spiritueller Erleuchtung verwoben ist. Vielleicht mag „Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte“ nicht das beste Werk von Paulo Coelho sein, aber es ist es auf jeden Fall wert, es zu lesen und ich empfehle es gerne weiter.