Rezension: Eine Spukgeschichte aus den Serapions-Brüdern von E.T.A. Hoffmann
Die Inhaltsangabe zu “einer Spukgeschichte” von E.T.A. Hoffmann findet ihr oben.
Diese Geschichte ist relativ kurz im Gegensatz zu den anderen, was natürlich ein Plus- aber auch ein Minuspunkt sein kann. Schade ist, dass hier die Figuren nicht tiefer angelegt wurden, andererseits wurden Frauen bei Hoffmann noch nie mit einem besonders vielschichtigen Charakter ausgestattet und so wundert es wohl nicht, dass es auch dieses Mal nicht passiert.
Dass Ottmar und vor allem Lothar eine Geschichte nicht so gut aufnehmen, ist auch keine Überraschung, passiert das nicht zum ersten Mal. Allerdings finden sie die Geschichte nicht so schlecht. Auch unterhalten sie sich überhaupt nicht darüber, ob diese Geschichte serapionitsch ist oder nicht. Leider fällt es auch mir recht schwer zu sagen, ob diese Geschichte nun serapionitsch ist oder nicht, denn wir haben keine wirklich Kunst. Die schöne Frau, ist kränklich, innerlich aber irgendwie doch positiv beschrieben, was wir bei Hoffmann relativ selten haben. Das soll jetzt nicht heißen, dass Frauen negativ geschildert werden beih ihm, aber der Autor geht nur recht selten auf die inneren Werte einer der geschilderten Damen ein. Diese Geschichte ist irgendwie serapionitsch, obwohl sie so ganz anders ist als viele der anderen Geschichten Hoffmanns. In der Außenwelt nimmt Adelgunde eine Erscheinung war, die irgendwie nur in ihrer Phantasie zu bestehen scheint, aber dann – wie sich in der Szene mit dem Teller herausstellt – doch in der Realität exisitert. Adelgunde projeziert diese Erscheinung in ihr Inneres. Sie hat Angst vor dem Geist, der sie jeden Tag heimsucht. Diese verwirrte Gefühlslage wirkt sich auf ihr Aussehen aus, welches durch diesen Vorfall kränklich wird. Aber Adelgunde schafft ja nichts in ihrem Inneren, das sie nach außen trägt, außer ihren Kranheitssymptomen. Das, was sie erschafft ist also nicht wirklich künsterlisch, sondern einfach nur umheimlich und negativ konnotiert.
In dem obigen Absatz haben wir auch gleich noch das fantastische Moment. Nicht nur haben wir eine Spukerscheinung, die alles auslöst, sondern auch noch den durch die Luft fliegenden Teller, der dieses Mal auch für alle anderen sichtbar ist und seine Auswirkungen auf den gesundheitlichen Zustand der Familie hat.
Gerade wegen dieses verworren eingeflochtenen serapiontischen Prinzips, fand ich diese Geschichte so spannend, aber genauso verworren ist der geschilderte Texte. Die Geschichte, die wieder einmal eine Anachronie, die Schilderung dessen, was sich vor einigen Jahren zugetragen hat und womit dies alles begann, ist auch in sich verworren. Mir ist nicht wirklich klar geworden, wann Cyprian diese Familie besucht hat? Es muss ja wohl zwischen dem 14. Geburtstag von Adelgunde und dem verhängnisvollen Abend mit dem schwebenden Teller passiert sein. Aber woher weiß er, was sich danach noch zugetragen hat? Hat es ihm sein Freund geschrieben? Hat er davon gelesen? Oder ist es ein Indiz dafür, dass diese Erzählung in der erzählten Welt der Serapionsbrüder nicht stattgefunden haben kann und sie somit als fiktion entlarvt?
Alles in allem eine super Geschichte, die mich nicht nur von ihrem Inhalt her – den ich hier gar nicht mehr großartig benannt und gar nicht mehr geschildert habe, was mir daran so gut gefiel – überzeugt hat, sondern auch von allen möglichen Ecken betrachtet und untersucht werden kann und somit trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Kürze und einer damit vielleicht einhergehenden, fragmentartigen Offenheit viele Aspekte zulässt und somit auf jeden Fall zu den lesenswerteren Geschichten Hoffmanns zählt.