Gut gegen Nordwind von D. Glattauer

Rezension: Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer

Interessant ist das Konzept dieses Romans. Der Roman Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer besteht ausschließlich aus E-Mails. Die meisten Mails werden zwischen Leo und Emmi ausgetauscht und nur einige wenige kommen von anderen Menschen. So erfährt man im Verhältnis recht wenig vom Innenleben der Figuren, denn natürlich schreiben die Figuren nicht alles unverblümt ihrem Gegenüber. Das ist ein bisschen schade, wenngleich es auch den Reiz des Romans ausmacht, denn man erfährt auch über die äußeren Lebensumstände der Protagonisten relativ wenig. Wir kennen die Jobs von Emmi und Leo und wir erfahren (relativ am Ende) wie alt die beiden sind, außerdem erfahren wir ein bisschen was über ihre Charaktere anhand dessen wie sich die beiden verhalten. Über Emmis Ehe und über ihre Beziehung zu Mia erfährt der Leser genauso etwas wie über Leos Beziehung zu Marlene und seine Beziehung zu seiner Schwester. Aber wir wissen bis zum Schluss nicht wie die beiden aussehen. Mich hat an Emmis Charakter gestört, dass sie ständig so eifersüchtig war. Sie kann und will eigentlich nicht mit Leo zusammen sein, aber er darf bitte auch nicht mit jemand anderem zusammen sein. Das ist ihm gegenüber ziemlich unfair und ich fand dieses ständige Rumgezicke und diese Eifersuchtsanfälle nach einer Weile einfach nervig und für mich wurde Emmi dadurch unsympathischer. Gleichzeitig mochte ich auch Leos Verhalten nicht, denn er flirtet mit ihr, ist aber nicht bereit, sie zu treffen. So drehte sich der Roman in weiten Teilen darum, ob man sich nun treffen wolle oder nicht und wenn ja wie, unter welchen Umständen. Die beiden vereinbaren mehr als ein Treffen, das dann nicht zustande kommt. Wenn man diese Diskussion über ein potenzielles Treffen einfach mal weggelassen hätte, hätte sich auch ein wirklicher Dialog entwickeln können.

Im Klappentext steht, dass es unter anderem um Intimität geht. Diese kann aber meiner Ansicht nach gar nicht richtig aufkommen. Nicht weil sich die beiden immer nur mailen, sondern deshalb, weil sie immer nur über ein potenzielles Treffen sprechen, statt sich erst einmal näher kennen zu lernen und zuzulassen, dass der andere etwas von ihnen erfährt. Emmi und Leo stellen sich immer gegenseitig Fragen, doch beantworten tun sie sie kaum. Wie soll denn da Nähe, Intimität und Vertrauen aufkommen?

Das klingt jetzt alles sehr negativ, aber so ist das gar nicht gemeint. Der Roman ist wirklich gut und sehr spannend geschrieben. Ich mag, wie sich die Geschichte zwischen Leo und Emmi entwickelt, doch es wird mit der Zeit immer klarer, seitdem der Leser erfährt, dass Emmi verheiratet ist, dass der Liebesroman nicht einfach positiv enden kann. Entweder sie muss ihren Mann (und die Kinder) verlassen oder sie muss sich von Leo trennen. Es ist klar, dass es so wie es ist nicht ewig weitergehen kann. Das sorgt natürlich für Spannung. Als Leser möchte man wissen wie es weitergeht und man hofft, dass es gut endet. Wie immer das gute Ende dann aussehen würde. An vielen Stellen wird vorausgedeutet, wie der Roman ausgehen könnte. Stilistisch ist der Roman einfach super und auch die Sprache von Glattauer hat mir an vielen Stellen überaus gut gefallen.

Ich empfehle Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer sehr gerne weiter, weil mir die Idee und das Konzept unglaublich gut gefallen haben und das für mich einige Schwächen aufwiegt.

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