Hörbücher ·Portugiesische Wahrheit von L. Sellano

Rezension: Portugiesische Wahrheit von Luis Sellano

Auch bei Portugiesische Wahrheit von Luis Sellano handelt es sich wieder um ein Hörbuch, sodass ich auch hier wieder auf das Format und auf den Inhalt eingehen werden.

Ich hatte mit dem Hörbuch ein ganz großes Problem: Man muss die Bände in der richtigen Reihenfolge hören bzw. lesen. Ich hatte zum einen gar nicht mitbekommen, dass es sich bei diesem Band nicht um einen ersten Band bzw. Einzelroman handelt und zum anderen bin ich es auch nicht gewöhnt, dass man bei Kriminalromanen die Bände in der richtigen Reihenfolge lesen muss. Sowohl Agatha Christie-Romane als auch die Regionalkrimis von Michael Kibler (Darmstadt-Krimis) funktionieren auch alleine und man muss sie auf keinen Fall in der richtigen Reihenfolge lesen. Klar man versteht die Hintergrundgeschichte um das Privatleben der Ermittler besser wenn man die Bände in der richtigen Reihenfolge liest (vor allem bei Michael Kibler), aber wenn man es nicht tut, versteht man dennoch das allermeiste. Bei Portugiesische Wahrheit ist das nicht so. Der Band beginnt total offen und man ist komplett aufgeschmissen, wenn man den Band davor nicht kennt, weil man einfach nichts von dem, was passiert und warum es passiert, versteht. Außerdem endet der Band auch total offen. Bruno, der Geistliche, den ich in der Inhaltsangabe erwähnt habe, ist verschwunden und bleibt auch am Ende des Bandes noch verschwunden. Ich muss also den nächsten Band noch lesen bzw. hören, um zu erfahren wie es mit ihm weitergeht. Ich habe ja am Anfang die ganze Zeit gehofft, dass ich noch reinkomme in die Geschichte, aber das war leider praktisch nicht möglich. Ich habe da noch nie erlebt, dass es bei einer Kriminalreihe notwendig ist, alle Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

So kommt es vermutlich auch, dass ich den Charakter des Henrik Falkner ziemlich unsympathisch fand. Er wird praktisch nicht beschrieben, weil der Erzähler erwartet, dass man den Protagonisten bereits kennt. Man erfährt nur durch die Handlungen von Henrik was für ein Charakter er so ist. Und da erfahren wir, dass er ständig wieder ausrastet, dass er es nicht schafft mal strukturiert zu ermitteln (die Ermittlungen um das vor 25 Jahren einbetonierte Mordopfer und die Ermittlungen um den Lebensgefährten von Martins Onkel laufen parallel). Diese hängen zwar auch eng zusammen, aber man muss wirklich aufmerksam zuhören um zu verstehen, welche Hinweise jetzt für welchen der Mordfälle wichtig sind.

Die Geschichte selbst, dass in einem Antiquariat Hinweise auf frühere Morde gesammelt werden und ein Ermittler diese von jemandem erbt und sie dann für aktuelle Mordermittlungen einsetzt, gefällt mir sehr gut, auch dass er dabei von einer einheimischen Polizistin unterstützt wird, fand ich sehr gut.

Was mich etwas gestört hat, waren die vielen Vorurteile, die den Figuren anhingen und die teilweise auch deren Handeln bestimmt haben: Helena Kollegen sind alle korrupt, deshalb hat sie so viele Schwierigkeiten auf Arbeit, weil ihr nur die Gerechtigkeit wichtig ist und sie eben nicht korrupt ist. Journalisten sind faul und trauen sich kaum einen etwas reißerischen Artikel zu veröffentlichen. Marokkaner sind Terroristen, die mit großen Feuerwaffen in ein Haus stürmen, weil sie dort den Mörder des Vaters ihres Anführers vermuten. Außerdem sind sie ungehalten, verprügeln fremde Menschen ohne Grund und geben total irrationale Vorgaben über die Schnelligkeit der Ermittlungen, während sie selbst nur auf Ermittlungsergebnisse warten; für einen Mordfall der 25 Jahre alt ist und bei dem es somit relativ egal ist, ob er heute oder morden aufgeklärt wird. Mir sind vor allem der erste und die letzten Vorurteile total gegen den Strich gegangen und das hat noch mehr dazu geführt, dass ich den Krimi einfach nicht so toll finden konnte.

Eine Sache hat mir aber ziemlich gut gefallen: Die Atmosphäre der Stadt, die Sehenswürdigkeiten, all das wurde ziemlich gut beschrieben und man hatte fast das Gefühl direkt in Lissabon Urlaub zu machen. Im Prinzip handelt es sich bei diesem Krimi auf jeden Fall um einen Regionalkrimi, der eben nicht irgendwo in Deutschland, sondern in Portugal spielt. Ich war zwar noch nie in Portugal, aber mir hat der Krimi deshalb nicht weniger gut gefallen, sodass ich mir vorstellen kann, wenn man schon mal in Portugal bzw. Lissabon war, dann haben die Beschreibungen noch einmal einen ganz besonderen Reiz auf die Leserin.

Kommen wir nach einer sehr langen Inhaltsrezension nun zum Medium: das Hörbuch ist von Richard Barenberg eingesprochen. Ich finde, dass der Sprecher das ziemlich gut gemacht hat, weil man wirklich das Gefühl hatte, dass hier der Erzähler spricht und dass die Ansichten der Figuren – vor allem die Henrik Falkners – gut rübergebracht werden. Leider haben mir auch bei diesem Hörbuch ganz häufig die Namen der Figuren gefehlt, weil ich mir alleine vom Hören die ganzen portugiesischen Namen nicht merken konnte und mir hier eine Liste mit den wichtigsten Namen und vielleicht sogar ein Stadtplan mit Lissabon, in dem die wichtigsten Orte eingezeichnet sind, gut getan hätte. Einfach damit ich mich etwas besser orientieren kann.

Abschließend muss ich sagen, dass ich den Kriminalroman Portugiesische Wahrheit von Luis Sellano zum Einstieg zur Reihe nicht empfehlen kann. Es bietet sich sicherlich eher an, vorne mit Band 1 Portugiesisches Erbe zu beginnen, weil dann viele der Probleme, die ich mit dem 5. Band hatte, wegfallen werden (hoffentlich!). Die Geschichte an sich hat mir gut gefallen, auch dass die Stadt Lissabon, die Menschen dort und die Sehenswürdigkeiten eine große Rolle gespielt haben, fand ich spannend und sehr schön.

 

 

 

Vielen Dank an Random House Audio für das Rezensionsexemplar!

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