Wie das bei Reihen in dem Genre so ist, sollte man die Die Drachen von Talanis-Trilogie in der richtigen Reihenfolge lesen. Blue Scales von Katharina V. Haderer ist der erste Teil der Reihe.
Christies Charakter ist sehr komplex. Auf der einen Seite fühlt sie sich nicht wirklich in der Familie willkommen, auf der anderen Seite ist sie auf diese finanziell und emotional angewiesen. Sie liebt ihre Mutter, ihren Vater und ihre Schwester, genau wie ihren Cousin sehr und würde niemals zulassen, dass ihnen etwas geschieht, wenn sie es verhindern kann. Da nimmt sie auch in Kauf, sich mit den geliebten Familienmitgliedern anzulegen. Christie ist sehr mutig, obwohl sie auch ängstlich sein kann, außerdem hat sie eine große Klappe und steht für das ein, was sie für richtig hält. Das macht sie zu einem sehr authentischen und liebenswerten Charakter.
Ihre restliche Familie ist da schon schwieriger zu bewerten: Ich konnte das Verhältnis von Lin und Ruth nicht so richtig zu ihrer Schwester beziehungsweise Tochter einschätzen. Auf der einen Seite scheinen die beiden sie sehr zu lieben und auf der anderen scheinen sich die beiden wiederum näherzustehen als sie Christie stehen. Dass nicht Ruth die Stiefmutter, sondern Long der Stiefvater ist, merkt man kaum, denn ich hatte den Eindruck, dass er das engste Verhältnis zu Christie hat. Durch das angespannte Verhältnis von Pheng zu Christie spaltet sich die gesamte Familie, obwohl Zhang sich gut mit seiner Cousine versteht und ihr, zumindest am Anfang, auch nicht das Gefühl gibt, in der Familie keinen Platz zu haben. Interessant ist hier der Wandel, den diese Beziehung durchmacht, und den ich gerne noch näher beleuchtet gesehen hätte, weil ich ihn noch nicht ganz verstehe.
Für mich war die Welt in Blue Scales etwas besonderes, denn es gibt viele Ähnlichkeiten zu unserer realen Welt: es gibt Kaffee (und Cafés), Lieferdienste, Autos und Sportvereine und solche Dinge. Die Welt scheint in weiten Teilen durchaus mit unserer normalen Welt vergleichbar. Parallel dazu gibt es aber die Hexade, Gestaltwandler, Heilmagie und Duelle. Obwohl das alles eigentlich ganz stimmig wirkt, hatte ich doch Schwierigkeiten mich in dieser Mischwelt zurecht zu finden. Ich kenne bisher eigentlich nur zwei Zustände: entweder ist die Welt komplett erfunden oder sie entspricht der unseren Welt nur, dass es eben magische Wesen, Gegenstände oder so etwas gibt. Aber eine Welt wie diese habe ich bisher noch nicht erlebt, was ich nicht negativ meine. Ich brauchte nur am Anfang ein bisschen um mich zurechtzufinden, was durch eine Lektüre des Begriffslexikons sicherlich einfacher gewesen wäre, denn es ist eines vorhanden.
Die Handlung selbst ist sehr kurzweilig. Es geschieht eigentlich immer etwas und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, dass Christies Welt ständig zerstört wird, wie man das aus anderen spannenden Reihen kennt.
Da es sich um den ersten Band einer Reihe handelt, finde ich es nicht so schlimm, dass am Ende einige Fragen offen bleiben. Hierzu zähle ich beispielsweise wer Christies leiblicher Vater ist und ob sie sich eigentlich in einen Drachen verwandeln könnte und was sie tun muss um diese Fähigkeit zu erhalten; und was vielleicht auch weitere Fähigkeiten von ihr sein könnten. Dennoch fand ich es sehr schade, dass sie sich nicht einmal verwandelt, denn ich hatte an einigen Stellen (beim Duell gegen Geralt oder im Haus der Devoyes beim Kampf gegen die Wölfe) damit gerechnet. Ich hoffe, dass das im zweiten Band dann nicht mehr zu lange auf sich warten lässt.
Eigentlich erwartet man beim ersten Band einer Reihe auch, dass die Protagonistin ein größeres Ziel gesteckt bekommt. Ich weiß nicht, ob das nur in ihrer Position als Iudex besteht, weil sie als diese noch einige Abenteuer erlebt, oder ob es etwas mit ihrem leiblichen Vater zu tun hat, aber irgendwie fehlte mir in diesem Band eine Explikation des Ziels.
Die Ausstattung des Buches hat mir gut gefallen. Das Cover selbst ist ein wahres Kunstwerk, außerdem gibt es einige Karten, einen Stammbaum, eine Namensliste mit den Familien der Hexade und ein Begriffslexikon. Die Zeichnungen, die sich an jedem Kapitelanfang befinden, machen die edle Aufmachung komplett. Hier hat man das Gefühl, dass es sich um ein liebevoll gestaltetes Buch handelt. Das hat mir unglaublich gut gefallen und für mich den Wert des Romans noch gesteigert.
Ich bin über zwei Namen gestolpert, die ich aus einer Kinderserie kenne: Zuko und Katara. Als der Name des Großvaters von Christie, Lin und Zhang das erste Mal fiel, bin ich schon über den Namen Zuko gestolpert und fragte mich, ob der Name Zuko aus Avatar Der Herr der Elemente entlehnt wurde. Aber nachdem dann auch noch der Name Katara gefallen ist, bin ich mir relativ sicher, denn eigentlich kann das kein Zufall mehr sein. Eine der Protagonistinnen aus der Serie heißt nämlich Katara. Ob es noch andere Parallelen gibt, weiß ich leider nicht, aufgefallen sind mir keine. Aber ich mag solche kleinen Details ja immer ganz gerne.
Insgesamt hat mir Blue Scales von Katharina V. Haderer aber trotz kleinerer Schwächen sehr gut gefallen. Ich bin auf jeden Fall neugierig wie die Reihe weitergeht.
Danke an den Drachenmond Verlag für die Leserunde und das Rezensionsexemplar!