Bei Der Tote in der Badewanne von Dorothy L. Sayers handelt es sich um den ersten Teil der Reihe um Lord Peter Wimsey.
Ich muss sagen, dass ich durch die Verweise auf andere Fälle ein paar Mal das Gefühl hatte, dass es sich bei diesem Krimi nicht um den ersten Teil der Reihe handelte und dann sogar nachgeschaut und mit Erstaunen festgestellt habe, dass es der erste Teil ist. Von diesen Verweisen sollte man sich also nicht zu sehr verunsichern lassen, aber ich habe für mich beschlossen, dass ich gerade deshalb versuchen werde, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen.
Wimsey ist aus mehreren Gründen sympathisch: Eigentlich hat er genug Geld um nicht Detektiv spielen zu müssen, tut dies aber aus reiner Neugier, außerdem sammelt er antiquarische Bücher, was ihn erst recht sympathisch macht. Durch seinen guten Namen und seinen Stand schafft er es in viele Sprechzimmer vorzudringen, in die ein anderer nicht kommen würde, was ihm viele Möglichkeiten gibt. Besonders gut hat mir auch gefallen, dass er einen Großteil der Ermittlungsarbeit selbst übernimmt und sich selbst auch in die Höhle des Löwen wagt, aber gleichzeitig auch zwei treue Freunde an seiner Seite hat: Mervyn Bunter, seinen Diener und Charles Parker, einen Inspektor von Scotland Yard. Auch seine Mutter unterstützt – zumindest bis zu einem gewissen Grad – seine Detektivspiele und vermittelt ihm sogar diesen Fall.
Der Charakter von Lord Peter hat mich an einigen Stellen an Sherlock Holmes erinnert; sowohl seine Art zu reden, der Witz, aber auch seine Ermittlungsarbeit, sein Verhalten gegenüber seinen Freunden haben an den großen Meisterdetektiv erinnert. Hier könnte man sicherlich einige Parallelen ziehen
Besonders hervorheben möchte ich noch die Ermittlungsarbeit, die sich im gesamten Roman stetig entwickelt und durch Befragungen, aber auch durch eine Beweisaufnahme zur Feststellung des Täters führt. Die Komplexität sorgt natürlich dafür, dass nicht so leicht herausgefunden werden kann, was eigentlich geschehen ist. Erschwerend für die Ermittlungsarbeit kommt ein zweiter Fall hinzu, und dass die Zusammenhänger beider Fälle nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind.
Ebenfalls gut gefallen hat mir die Befragungsmethode, die Sir Peter nutzt, um einem jungen Studenten zu helfen sich an vergangene Ereignisse zu erinnern, von denen er zuvor felsenfest behauptet hat, dass er sich an solche Details niemals erinnern könne. Er verweist dabei selbst auf die von Sokrates (mehrfach) erprobte Methode der Mäeutik oder auch Hebammenkunst. Dabei hilft der Fragesteller durch geschicktes Fragen dabei Erinnerungen wachzurufen, die der Antwortende zwar hat, aber nicht selbst darauf zugreifen kann.
Trotz aller Schwärmereien gibt es aber auch noch zwei Dinge, die mir weniger gut gefallen haben: Zum einen sind die Mordmethode und die Umstände des Mordes sehr brutal. Diese werden zwar erst gegen Ende näher erläutert, aber ich dachte, ich erwähne es hier dennoch mal. Auch wie die Studenten über ihre Forschungsobjekte sprechen, fand ich sehr respektlos.
Ein Thema des Krimis ist auch, dass das Opfer, das vermisst wird, Jude ist. Seine religiöse Zugehörigkeit wird thematisiert und ich finde die Äußerungen über ihn im Kontext seiner Religion und das Judentum nicht gerade respektvoll, möchte mir hier aber kein weiteres Urteil erlauben und diese Beobachtung hier nur erwähnen. Schließlich sollte man die Äußerungen der – vielleicht sogar verdächtigen – Figuren nicht mit der Autorenebene vermischen.
Was mich aber ganz massiv gestört hat, war die Wirrheit des Romans: Ich kann es nicht besser erklären als dass ich mir mehr Struktur in der Ermittlungsarbeit und einen schöneren roten Faden gewünscht hätte, weil ich nach dem Lesen das Gefühl hatte, dass noch einige lose Fäden unverknüpft sind.
Insgesamt hat mir Der Tote in der Badewanne, der übrigens auch unter dem verräterischen Titel Ein Toter zu wenig veröffentlicht wurde, sehr gut gefallen und ich werde auf jeden Fall auch den zweiten Teil der Lord Peter Wimsey-Reihe von Dorothy L. Sayers lesen.