Mord im Lesesaal von S. Mathies

Rezension: Mord im Lesesaal von Susanne Mathies

Bei Mord im Lesesaal von Susanne Mathies handelt es sich um einen Krimi, der in Zürich spielt, wobei die Stadt eine eher untergeordnete Rolle hat.

Cressida Kandel klang nach der Beschreibung nach einer tollen Protagonistin. Ich habe an so etwas wie Castle gedacht, eben an eine Schriftstellerin, die aufgrund ihrer Tätigkeit einiges an Ermittlungserfahrung (zumindest in der Theorie) hat und vielleicht an der ein oder anderen Stelle darüber stolpert, dass sie eben ausschließlich theoretische Erfahrung hat. Cressida allerdings ist mir immer noch ein Rätsel. Ich habe überhaupt keine Idee was sie für ein Charakter ist und das was ich von ihr erfahren habe, hat sie mir nicht gerade sympathisch gemacht. Sie hat irgendwie eine Vergangenheit mit Daniel Krumholz, einem der anderen Verdächtigen, die erst nach und nach ans Licht kommt, was vollkommen in Ordnung wäre, wenn es nicht das einzige an Hintergrundinfos zu ihr wäre. Abgesehen davon zerstört sie manchmal aus Versehen und manchmal absichtlich Beweise. Insgesamt scheint sie überhaupt keine Idee von polizeilichen Ermittlungen zu haben.

Die anderen Figuren waren mir auch durchweg unsympathisch, wenn ich sie denn überhaupt einschätzen konnte, denn bei den meisten gab es nur sehr spärliche Hintergrundinfos. Karin Zwingli, die Lesesaalaufsicht, hat ihren Vater ermordet, weil er sie darum gebeten hat. Allerdings hat sie ihn nicht aus Zuneigung, damit sein Leiden (er war wohl schwerkrank) aufhört, getötet, sondern hat in ihm Gegenteil nicht geliebt und macht sich deshalb Vorwürfe (klang als ob es in Ordnung wäre, jemanden zu ermorden, wenn man ihn liebt). Dabei lässt sie sich auch noch filmen, weil sie offenbar die Tür nicht geschlossen hat.

Herr Leeman lernt an der Uni einen bekannten Autor, der zufällig den gleichen Nachnamen hat, kennen und weil er für ihn solch ein Vorbild war, behauptet er kurzerhand, dass sie ein Vater-Sohn-Verhältnis haben und gibt die Werke des „Vaters“ heraus. Natürlich kommt heraus, dass er nicht der Sohn ist und wird damit erpresst. Und so zieht es sich durch den Roman. Mir waren das einfach zu viele Zufälle. Wieso haben all diese Figuren etwas so schreckliches in ihrer Vergangenheit getan, dass sie damit erpressbar sind? Und wie ist Herr Gruber zufällig an alle diese Infos gekommen? Man muss doch erhebliches Glück und eine große Portion krimineller Energie haben, um über so viele Menschen ihre schmutzige Wäsche auszugraben. Zumal, dass diese sich dann auch noch alle zufällig im Lesesaal aufhalten als er ermordet wird.

Unter der Ermittlungsarbeit, es klang oben schon durch, hatte ich mir etwas anderes vorgestellt. Da die Charaktere zumindest ein bisschen „draußen“ unterwegs sind, gab es zumindest die ein oder andere Gelegenheit etwas von der Stadt zu beschreiben, aber das wurde kaum genutzt. Zumindest hatte ich nicht das Gefühl, dass ich wirklich einen Zürich-Krimi lese. Außerdem hatte ich mir eher vorgestellt, dass der Hauptteil der Handlung im Lesesaal stattfindet und dort erst einmal große Befragungen durch die Schriftstellerin stattfinden und so immer mehr Hinweise zusammengetragen werden. Damit wurde ich ziemlich enttäuscht, was aber wohl hauptsächlich an meinen falschen Erwartungen lag, die aber durch das Versprechen einen Krimi im Stile Agatha Christies zu lesen, geschürt wurden.

Dass die Polizei aufgrund eines Fußballspiels erst sehr spät auftaucht, fand ich auch sehr unglaubwürdig, weil man zu einer Schlägerei keine Kriminalbeamten aus der Mordkommission schicken würde und selbst wenn würde man wohl versuchen zumindest eine Polizist:in abzuziehen um den Tatort zumindest vorläufig zu sichern. Vielleicht sollte das Kritik an den Methoden und Sparmaßnahmen der Polizei intendiert, aber für mich klang es einfach nur unrealistisch.

 

 

 

Vielen Dank an die Autorin Susanne Mathies für die Organisation der Leserunde und das Rezensionsexemplar!

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