Adventskalender 2021 ·Hörbücher ·Northanger Abbey von J. Austen

Rezension: Northanger Abbey von Jane Austen

Northanger Abbey von Jane Austen habe ich als Hörspiel gehört. Hier werde ich also sowohl auf den Inhalt als auch auf das Medium des Hörspiels selbst eingehen.

Catherine Morland ist, wie viele Austen-Heldinnen, eine nette, etwas leichtgläubige, aber dennoch freundliche junge Dame. Als besonders klug wird sie von Austen nicht dargestellt, wobei eine gewisse Dummheit sogar von Vorteil für junge Damen sein soll, da kluge junge Männer, etwas dummen Damen sofort verfallen, wenn sie denn hübsch sind, so schreibt Austen. Catherine war mir durchaus sympathisch, auch wenn ich sie tatsächlich für deutlich zu leichtgläubig gehalten habe.

Das Frauenbild in diesem Austen-Roman ist wieder einmal schwierig. Ich verstehe ja durchaus, dass das Frauenbild in solchen historischen Romanen im entsprechenden historischen Kontext betrachtet werden muss, aber was Austen da über Frauen schreibt, ist wirklich unglaublich. Vor allem, dass Tilney das Verhalten seines Bruders entschuldigt und meint, dass einzig Isabellas Verhalten unpassend sei, da sie sich über die Aufmerksamkeiten nicht nur freue, sondern sogar maßgeblich daran beteiligt sei. Eleanors Glück wird (so wirkt es zumindest in der gekürzten Hörspiel-Version, die ich gehört habe) einfach an den nächstbesten Heiratskandidaten verschachert, damit ihr Bruder die Frau heiraten darf, die er liebt. Dass der lieben, netten Catherine das schändliche Verhalten eines Mannes zum Vorwurf gemacht wird, passt gut zur Geschichte, hat bei mir aber einen negativen Nachgeschmack hinterlassen. Solche Beispiele könnte ich sicherlich noch weiter aufzählen. Das Frauenbild in Austens Roman ist kurzum archaisch.

Henry Tilney hat mich an der ein oder anderen Stelle an Edmund aus Mansfield Park (eine Ähnlichkeit zwischen Catherine und Fanny aus Mansfield Park war meiner Ansicht nach vor allem bei Beschreibungen des Charakters vorhanden) erinnert. Die Figur Henry Tilney ist meiner Ansicht nach auch ziemlich undynamisch geblieben und ich konnte so einige seiner Verhaltensweisen nicht nachvollziehen, weil man keine Sicht in sein Inneres erhielt. Ich weiß nur leider nicht, ob das am Original, oder an der gekürzten Hörspiel-Adaption lag.

Die Geschichte selbst hat mir gut gefallen. Ein Teil spielt bei Catherines Eltern in ihrem Heimatort, der zweite Teil in Bath und der dritte Northanger Abbey. Danach kehrt sie zurück in ihren Heimatort, wo der Roman dann auch endet. Es handelt sich hier um eine relativ typische (zumindest für Austen) Liebesgeschichte. Eine junge Frau trifft einen jungen Mann, sie verliebt sich in ihn, darf ihm auch ihre Gefühle aufgrund der herrschen gesellschaftlichen Konventionen nicht gestehen. Der junge Mann verliebt sich zwar auch in die junge Dame, braucht aber ein bisschen bevor beide zusammenkommen können. Warum genau Henry Catherine seine Gefühle nicht sofort gestanden hat, ist unklar, außer, dass er vielleicht Angst davor hatte, dass sie ihn nicht liebt.

An einigen Stellen merkt man, dass der Roman gekürzt wurde. Wie oben beschrieben bleiben Henrys Handlungsmotive und sein Charakter den ganzen Roman über unklar. Ich weiß nicht, ob das an dem Austen-Roman liegt, oder an den Kürzungen. Um die Entwicklungen der Liebesgeschichte und die Charakterentwicklungen besser nachvollziehen zu können, wäre es aber schön gewesen, hätte man das Hörspiel etwas länger konzipiert. So wirkte einiges dann doch überstürzt.

Als ich das erste Mal einen Teil des Udolpho-Textes hörte, war ich sehr verwirrt, weil der Roman plötzlich eine englische Passage enthielt. Diese Passagen wurden dann auch noch schauerlich und mit Gewitter-Geräuschen untermalt, sodass ich häufig beim plötzlichen Wechsel vom Deutschen ins Englische Probleme hatte alles zu verstehen. Beim ersten Mal habe ich am Anfang nicht mitbekommen, dass hier ein englischer Einschub folgt und dass die Udolpho-Passagen entsprechend inszeniert sind. Wenn jemand kein englisch spricht, dann ist er bei solchen Passagen aufgeschmissen, wobei das Verstehen der Udolpho-Zitate nicht notwendig ist, um der restlichen Handlung folgen zu können, aber schön wäre es schon, wenn man diese Zitate schon hat. Ich verstehe auch nicht ganz warum man diese nicht übersetzt hat.

Die Musik mit der das Hörspiel untermalt ist, hat mir gut gefallen und sie passt auch ganz wunderbar zur Atmosphäre des Romans. Die Anzahl der Sprecher:innen sorgt dafür, dass jede Figur eine Sprecherin oder einen Sprecher hat. Das sorgt natürlich auch dafür, dass es ein paar Sprecher:innen gibt, die es auseinanderzuhalten gilt, was mir aber ganz gut gelungen ist. Ich denke, hier braucht man einfach ein bisschen Erfahrung mit Hörspielen und so viele Figuren hat der Roman auch nicht.

Das Booklet enthält neben einem fünfzehnseitigen Vorwort, eine Aufzählung der Beteiligten (Autorin, Sprecher:innen, Musiker:innen) auch einige Bilder. Das Vorwort befasst sich mit dem Leben von Jane Austen, ihrer Familie und wie sie zum Schreiben kam. Außerdem enthält es einige Gedanken zum Roman und der damaligen Gesellschaft. Leider kamen diese Details und Informationen im Hörspiel nur an wenigen Stellen durch. So habe ich beispielsweise gelesen, dass Austens Frauenbild nicht so klischeehaft (hätte mich auch gewundert) war wie ich den Eindruck nach dem Hören hatte. Hier sei also der obige Absatz etwas relativiert, den ich aber dennoch so stehen lasse, weil das mein Eindruck nach dem Hören war. Das Booklet ist wirklich sehr informativ und hilft, Northanger Abbey etwas besser einordnen zu können. Für mich bietet es also einen Mehrwert zum Hörspiel selbst.

Alles in allem hat mir die Hörspiel-Adaption von Northanger Abbey von Jane Austen aus dem Hörverlag sehr gut gefallen. Das Cover ist sehr hübsch, die Handlung und Figuren von Austen sind schön und die Adaption vereint tolle Specher:innen und eine passende Musik.

 

 

 

Danke an Der Hörverlag für das Hörbuch-Rezensionsexemplar!

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