Der Fall des verschwundenen Lords von Nancy Springer ist der erste Band der Reihe. Enola Holmes wird in diesem Band als Detektivin eingeführt, außerdem lernen wir Enolas familiäre Situation näher kennen und erfahren wie es dazu kommt, dass sie alleine in London lebt.
Ich kenne bereits den fünften Enola Holmes-Band und habe mich beim Lesen gefragt wieso eine Frau ein junges Mädchen einfach zurücklässt. Ich verstehe zwar inzwischen wieso ihre Mutter gegangen ist (das wird aus Band 1 klar), aber ich verstehe noch immer nicht warum sie ihre Tochter nicht mitgenommen hat. Schon nach dem ersten Band, den Enola ja nur zu einem sehr geringen Teil überhaupt in London verbringt, merkt man wie gefährlich diese Stadt war, was ihre Mutter hätte wissen müssen (beispielsweise auch aus den Zeitungen). Enola berichtet davon, dass vor kurzer Zeit in London eine Prostituierte ermordet wurde. Vielleicht hatte ihre Mutter nicht geplant, dass die Tochter nach London geht, aber dann hätte sie ihr vielleicht genauere Angaben zu ihren Vorstellungen was Enola nun tun soll, machen sollen. Ich finde es unglaublich, dass eine Mutter die 14-jährige Tochter alleine lässt, wenn sie aus genau dem Grund flieht, weil ihre Söhne sie in ihrer Freiheit einschränken.
Auch Mycroft und Sherlock werden als ziemlich unsympathische Männer beschrieben. Mycroft ist dabei sogar noch unfreundlicher zu seiner Schwester als sein jüngerer Bruder. Von Sherlock weiß man aus den Original-Geschichten und etlichen Adaptionen ja, dass er ein eher unumgänglicher Typ ist, aber Mycroft besteht auf seiner Rolle als ältester Sohn geradezu, was ihn nicht sonderlich sympathisch wirken lässt.
Enola hat zu Anfang eine sehr negative Meinung von sich selbst, was ich nicht verstanden habe, weil ihre Mutter ihr wohl kaum eingetrichtert hat, dass Frauen dumm sind und nichts drauf haben. Woher diese Gedanken bei Enola also kamen, hat sie mich nicht erschlossen. Im Laufe der Handlung entwickelt sich Enola aber und sie beginnt mehr Selbstvertrauen aufzubauen und beginnt mutig ihren Plan zu verfolgen. Das hat mir sehr gut gefallen und hat sie mir recht sympathisch gemacht.
Die Handlung lässt sich in zwei Phasen einteilen: zum einen gibt es den Teil auf dem Landgut, und zum anderen ihre Reise und ihren Aufenthalt in London. Beide Teile sind spannend geschrieben und führen erst einmal die Familie, das Problem (das Enola mit ihren Brüdern hat, darauf wird nämlich im fünften Band ebenfalls verwiesen) und vor allem die Protagonistin ein.
Die Sprecherin, Luisa Wietzorek, war für mich zu Anfang ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber später fand ich diese durchaus passend. Die Stimme klingt noch sehr jung, was gut zur jugendlichen Protagonistin passte. Ich kann mir Enola mit dieser Stimme richtiggehend vorstellen und war am Ende ziemlich begeistert von der Sprecherin.
Insgesamt hat mir Der Fall des verschwundenen Lords von Nancy Springer sehr gut gefallen und es empfiehlt sich, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da der erste Band Vorwissen liefert, das notwendig ist, um die späteren Bände zu verstehen. Enola wurde mir durch diesen Band sehr sympathisch und die ausgewählte Sprecherin hat unglaublich gut zur Protagonistin gepasst.
Danke an Der Hörverlag für das Hörbuch-Rezensionsexemplar!