Sally ist sechszehn Jahre alt und seit kurzem Vollwaise, nachdem das Schiff, auf dem sich ihr Vater befand, gesunken ist. Nun lebt sie bei einer entfernten Verwandten, die sich ständig beschwert, dass Sally ihr die Haare vom Kopf fressen würde und so fühlt sich da junge Mädchen dort nicht sonderlich wohl. Als sie einen mysteriösen Brief erhält, fragt sie in der Firma ihres Vaters nach, wodurch ein Mitarbeiter einen Herzinfarkt erleidet und stirbt. Kurz darauf besucht sie einen Mister Marchmont, nachdem dieser ihr geschrieben hat, lernt dabei einen jungen, sympathischen Fotographen kennen und eine gruselige Alte, die Sally töten möchte. Erst nach und nach kann Sally zusammen mit ihren neuen Freunden, dem Fotographen, seiner Schwester und deren Angestellten und Jim, dem Botenjungen aus der Firma ihres Vaters, die mysteriösen Umstände, die zum Tod ihres Vaters führen aufdecken und auch die seltsamen Umstände um Sallys Leben und welches Ereignis aus ihrer Vergangenheit ihr gefährlich werden wird…
Ich muss ja sagen, dass ich Sally am Anfang noch ziemlich sympathisch fand, aber sie dann doch auch einige eher unsympathische Eigenschaften hat. Zum Beispiel scheint sie mit Adelaide nicht allzu viel anfangen zu können und verhält sich auch sonst eher kühl und distanziert. Sie zieht zwar alle in ihre Probleme mit rein, versucht sie dann aber doch alleine zu lösen, lässt sich sogar eine Waffe besorgen (weil ihre Waffe gestohlen wurde) und macht im Hof Schießübungen. Außerdem hat sie früher schon einmal Opium genommen (wohl als Kleinkind, denn sie kann sich nicht mehr daran erinnern) und nimmt es als 16-Jährige dann nochmal um sich ihren Alpträumen zu stellen. Es wirkt aber irgendwie komisch, dass sie eine so gefährliche Droge einfach mehr oder weniger unreflektiert nimmt.
Der ganze Abenteuer-Roman bzw. Kinder- (oder eher Jugend-) Krimi ist auch sehr düster angelegt. Es werden Kinder bedroht, sie nagen am Hungertuch, müssen hart arbeiten und sehen wo sie bleiben. Auch wenn die Welt früher so war, fand ich die Darstellung doch sehr drastisch. Hinzu kommt, dass Sally am Anfang komplett auf sich gestellt ist, was ich immer seltsam und gruselig finde, weil es zu einer komischen Dynamik in der Handlung führt. Diese düstere Stimmung hat mich fast bewogen den Krimi abzubrechen. Nachdem ich dann nochmal ein bisschen weitergelesen hatte (nach einer Pause von mehreren Tagen) und Sally dann endlich Verbündete gefunden hat, fand ich die Handlung deutlich erträglicher, weil sie durch die Zuneigung zu ihren Freund:innen und ihre Verbündeten einfach weit weniger gruselig wirkte.
Alles in allem muss ich sagen, dass ich vom ersten Band der Sally Lockhart-Reihe nicht so begeistert war und mir gerade ernsthaft überlege, ob ich die Reihe weiterverfolgen möchte, da auch aus den Inhaltsangaben der fortfolgenden Bände nicht ersichtlich wird, ob ihr ihre derzeitigen Verbündeten auch in den weiteren Teilen der Reihe erhalten bleiben und ich diese sehr gerne habe und eigentlich hoffe, dass Sally dadurch zugänglicher wird und sich vielleicht sogar eine Liebesgeschichte zwischen ihr und Fred ergibt.