Die roten Stiefeletten von Anne Perry ist der vierte Band der Inspektor Pitt-Reihe. Charlotte und ihr Mann Thomas Pitt kommen gerade von einem Theaterbesuch als ein Toter, der schon etwas länger tot ist und sogar bereits begraben war, von einem Kutschbock gefallen ist. Man hält ihn für den Aristokraten Augustus Fitzroy-Hammond, bestatten ihn wieder und kurz darauf findet seine Familie ihn in ihrer Kirchenbank sitzend vor. Kurz darauf tauchen noch weitere tote Männer, die bereits beerdigt waren, an verschiedenen Orten auf, die nicht ihre Gräber sind. Parallel versucht ein kleiner Kreis von Adeligen (darunter Lady Cumming-Gould, eine Tante von Charlottes Schwester Emilys Ehemann) ein Gesetz durchs Parlament zu bringen. Dieses Gesetz soll die Lebensumstände von Kindern, deren Familien sehr arm sind, verändern, damit diese eine bessere Zukunft erhalten.
Tatsächlich habe ich von Anne Perry noch nichts gelesen und wurde ein bisschen in die Handlung geschmissen, weil ich die drei vorhergehenden Bände nicht kannte: wer sind diese Menschen? Wie sind ihre Beziehungen zueinander? Warum hat Charlotte (und Thomas) Kontakt zur Tante des Mannes ihrer Schwester? Das ist ja vom Verwandtschaftsgrad schon ein bisschen weiter weg. Und warum hat Charlotte so gar keinen Kontakt zu ihrer Familie? Nur weil sie unter ihrem Stand geheiratet hat? Vielleicht macht es also Sinn, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, damit man diese ganzen Hintergründe hat?
Davon abgesehen fand ich die Beziehung zwischen Charlotte und ihrem Mann nicht besonders herzlich oder liebevoll: man würde ja erwarten, dass sie sich besonders zugetan sind, wenn es sich um eine Liebesheirat handelt und sich Charlotte dadurch sogar von ihrer Familie distanziert hat. Gerade deshalb fand ich das sehr distanzierte Verhalten der beiden zueinander irgendwie seltsam. Zumal ich mir irgendwie erhofft hatte, dass Charlotte mehr in die Fälle ihres Mannes eingebunden ist, da ich das von anderen Reihen so kenne und es dort ziemlich gut finde, wenn Frauen selbst ermitteln. Da es bei dieser Reihe nicht so zu sein scheint, war ich etwas enttäuscht und für mich wäre das auch ein Grund, diese Reihe nicht weiter zu verfolgen.
Hinzu kam, dass der Titel nichts, aber auch wirklich gar nichts mit dem Krimi zu tun hatte. Es geht in diesem Krimi nicht um Schuhe, Stiefel oder Stiefeletten und auch nicht um Fußabdrücke oder irgendwas in der Art, was die Titelwahl erklärt hätte.
Für mich war diese ganze Geschichte mit den vielen ausgegrabenen Toten, die irgendwo inszeniert wieder auftauchen total abstrus, verwirrend und irgendwie unlogisch, vor allem, da sich hinterher herausgestellt hat, dass es sich bei dem einen Toten gar nicht um den Identifizierten handelte, sondern um jemand anderen, aber in dem Grab des Identifizierten lag niemand und seine Leiche taucht später auch noch auf. Und dass der Täter nicht einmal dafür zur Rechenschaft gezogen wird, war mir auch unverständlich.
Hinzu kommt, dass die Ermittlungen total träge und langweilig und leider komplett unlogisch waren: im Grund ging es nur darum, dass der Inspektor immer wieder versucht hat, zu ermitteln, wer ein Motiv haben könnte: klar, die Ehefrau, die eine „Affäre“ hatte. Dann versucht er davon wegzukommen, dreht sich dreimal im Kreis und befragt wieder die Ehefrau und deren Freund, und so dreht sich die Handlung in der ersten Hälfte des Krimis immer wieder darum, dass die beiden die einzigen mit Motiv seien und es doch nicht waren, aber sie hatten ja ein Motiv… das war einfach anstrengend zu lesen und ergab keinen Sinn. Zumal andere Ermittlungsansätze komplett ignoriert wurden: beispielsweise wurden keine Friedhofswärter und Angestellte des Friedhofs befragt, ob sie möglicherweise etwas gesehen haben und auch sonst werden einige Möglichkeiten, die sehr offensichtlich waren, einfach nicht als Ermittlungsansätze erwähnt und wahrgenommen. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich Inspektor Pitt (es handelt sich ja um einen ausgebildeten Polizisten und nicht um irgendeinen Zivilisten, der durch Zufall in einen Mordfall hineingezogen wird und dann mehr schlecht als recht mit irgendwelchen Ermittlungen anfängt) als Ermittler einfach nicht richtig Ernst nehmen konnte.
Alles in allem verstehe ich nicht, wieso Anne Perry so erfolgreich Bücher verkauft und die Inspektor Pitt-Reihe so lang ist. Ich war arg enttäuscht von diesem Band und werde die Reihe wohl, nach dem anderen Krimi, den ich hier noch rumliegen habe, nicht weiter verfolgen. Die roten Stiefeletten von Anne Perry hat mir nämlich so gar nicht gefallen.