In ein Land, das ich dir zeigen werde von G. Beyerlein

Rezension: In ein Land, das ich dir zeigen werde von Gabriele Beyerlein

In ein Land, das ich dir zeigen werde von Gabriele Beyerlein ist ein Jugendbuch, das im frühen Mittelalter (Ende des 7. Jahrhunderts nach Christus) spielt und die Leben dreier sehr verschiedener Figuren in den Mittelpunkt rückt, deren Schicksale eng miteinander verwoben sind.

Wer bibelfest ist, dem kommt der Titel des Romans wohl ziemlich bekannt vor; und zwar aus dem ersten Buch Mose 12.1. Und die Missionsarbeit der Mönche, um die es zumindest teilweise geht, steht genau unter diesem Motto, sodass der Titel gut zum Roman passt.

Wie so häufig bei Beyerlein gibt es auch für diesen Roman wirkliche Menschen, Funde, Ausgrabungen, die belegen, dass die Geschichte so oder so ähnlich geschehen sein könnte. Bischof Killena existierte wirklich und auf ihn gehen etliche Gebräuche und Traditionen zurück. Er ist mit seinen beiden Gefährten als Märtyrer gestorben. In der Geschichte erfährt er von einer einfachen Magd von dem Anschlag auf sie, doch statt zu fliehen nimmt er ihr noch die Beichte ab und gibt ihr einen guten Ratschlag für die Zukunft, sodass sie wieder zu Gott und zur Kirche findet. Selbst in dieser Stunde ist er für andere da. Dass der Bischof dennoch auch seine negativen Seiten hat, ist ja ziemlich klar. Schließlich ist er ein Mensch und bei der ein oder anderen Äußerung fand ich ihn schon extrem anmaßend.

Auch einige der anderen Figuren gab es in Wirklichkeit. Hierzu gehört Geilana, ihr Mann Gozbert, ihr Stiefsohn Heden und ihr anderer Sohn Theotbald. Auf über 25 Seiten ordnet neben Gabriele Beyerlein selbst auch Klaus Wittstadt, ein Kirchenhistoriker, die Geschehnisse des Romans ein. Dort erfährt man, dass man sich nicht sicher ist, ob Heden Geilanas Stiefsohn oder ihr leiblicher Sohn war. Auch aus welchem Hause Hedens spätere Ehefrau stammte, ist ungeklärt, wobei es doch Vermutungen gibt. Natürlich muss man die Informationen aus dem Anhang nicht haben um Lesefreude am Roman zu empfinden, aber ich finde es immer ganz nett, wenn man weiß, was von den Ereignissen im Roman gesichert ist und was sich Beyerlein ausgedacht hat. Allerdings sollte man den Anhang nur vor dem Jugendroman lesen, wenn man nichts gegen Spoiler hat.

Mir hat vor allem der Konflikt zwischen den alten Traditionen, dem alten Glauben und den Gebräuchen und dem neuen Christentum gut gefallen. Spannend fand ich auch, dass viele der Regeln des Christentums blind befolgt werden, obwohl sie eigentlich nicht wirklich Sinn ergeben und auf der anderen Seite so wichtige Regeln wie die Nächstenliebe komplett vernachlässigt werden. Hier versteht man dann Figuren wie Geilana wieder sehr gut, die sich über die Christen aufregt, die die arme Gisela verstoßen haben, obwohl diese ihren Fehler bereut. Dass auch Aed Gisela in den Abgrund stößt, obwohl er weiß, was passieren könnte, war mir unbegreiflich. Er hat schließlich auch einen großen Fehler gemacht und hat Buße getan. Warum gibt er Gisela nicht die gleiche Chance? Für die Handlung des Romans war sein Handeln wichtig, aber das hat ihn mir wieder ziemlich unsympathisch gemacht.

Grundsätzlich fand ich es unglaublich schwierig mich in die einzelnen Figuren hineinzuversetzen, weil mir keine so richtig sympathisch war. Aed der als Mönch in Zurückgezogenheit lebt und es für eine große Sünde hält, wenn er ein Mädchen auch nur ansieht oder einen Tropfen Bier verschüttet. Geilana, die gegen ihren Mann intrigiert und versucht ihren Sohn im alten Glauben und mit den alten, thüringischen Geschichten zu erziehen und alles dafür tut, schwanger zu werden. Und Gisela, die trotz des ungerechten Verhaltens ihrer Familie wieder zum christlichen Glauben zurückfindet und sehr unreflektiert mit dem Zwiespalt von altem Glauben und Christentum umgeht.

Obwohl das frühe Mittelalter nicht unbedingt die Zeit ist für die ich mich am meisten interessiere, hat mir In ein Land, das ich dir zeigen werde von Gabriele Beyerlein sehr gut gefallen. Wer sich für diese Zeit oder für den Zwiespalt von Christentum und Heidentum interessiert, ist – auch als Erwachsene:r – mit diesem Jugendroman gut beraten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert