Turings Vermächtnis von A. Endler

Inhaltsangabe: Turings Vermächtnis von Arno Endler

Der Protagonist in Turings Vermächtnis von Arno Endler heißt Jeremiah Hilarius Schnitzer. Er ist Blogger und KI-Skeptiker und wird von Nicolas Ragg eingeladen in sein Sanktuarium in Jütland um dort herauszufinden, welcher der Anwesenden eine KI ist.

Auf Delphine Dessert, Raggs Tochter, trifft Schnitzer schon auf dem Weg ins Sanktuarium. Im Sanktuarium trifft er auf eine Menge seltsamer Menschen: Nicolas und Mia Ragg, die Tochter Delphine Dessert, Joseph Robert Rickter, Ari Kanemaki, Gabor Horvath, Lysann Nouvelle-Barbe, Simon Vansang, Obane Thamine, Kisan Thamine, Ivy North und Elias Troublemaker, wobei er auf letzteren eigentlich nicht trifft.

Jeremiah sieht sich im Sanktuarium um, hat aber Schwierigkeiten sich in dem weitläufigen Gebäude nicht zu verlaufen. Deshalb wird er von der Hauseinheit immer wieder durch leuchtende Wegstrecken durch das Gebäude geführt.

Er unterhält sich mit fast jedem der Hausbewohner und erfährt so, dass Mia früher mit Simon Vansang verheiratet war, dass es Nicolas Ragg gesundheitlich sehr schlecht geht, dass Rickter ein spiritueller Guru und Ivy eine gefragte Online-Coachess für die Kolonie auf dem Mars ist. Außerdem erfährt er, dass Delphine eine sehr enge Bindung zu Nicolas hat, obwohl er ihr nicht alles erzählt und ihr unter anderem auch den Besuch des KI-Skeptikers verschwiegen hat. Er besucht Lysann in ihrem Paradies, einer Art Bauernhof, wo sie gefährdete Tierarten züchtet und schützt. Sie hat eine ganz besondere Beziehung zu Ragg, der sie in ihrem Paradies häufiger besucht. Obane ist Schriftsteller und unterhält sich mit Jeremiah über dessen Genüsse und mit Kisan spricht Jeremmiah sogar über dessen Musik und dessen Kompositionen und darüber was diese in Jeremiah auslösen und welche Emotionen Kisan eigentlich mit ihnen auslösen wollte.

Außerdem geschehen einige seltsame und gefährliche Vorfälle im Sanktuarium: Jeremiah wird im Dunkeln von einem Puppet angegriffen als sie nach Simon Vansang suchen, allerdings glaubt ihm niemand, dass der angegriffen wurde. Als nächstes finden sie Gabor Horvath tot in dessen Zimmer. Als Schnitzer mit Troublemaker sprechen möchte, behauptet die Hauseinheit, dass er gerade noch in einer Trainingssession wäre und nicht gestört werden will, allerdings stellt sich kurz darauf heraus, dass das nicht stimmen kann. Weil die Hauseinheit gehackt worden ist, wird sie nun abgeschaltet und die Bewohner sind auf rudimentäre Technik angewiesen. Jeremiah wird nach draußen gejagt, da ihn ein mordlustiger Puppet verfolgt. Draußen stößt er auf den ermordeten Rickter und nachdem ihn sein Verfolger bis an den Strang jagt auch auf den toten Elias Troublemaker. Als Delphine und Jeremiah kurz nach diesem Zwischenfall noch einmal mit ihren Puppets rausgehen um nach Rickter zu suchen, finden sie ihn zwar tot auf, doch außerdem finden sie noch eine Bombe, die ihre Puppets zerstört und sie durch die Impulsweitergabe in ihren Puppets ganz schon durchrüttelt. Ivy North begeht offenbar mit ihrem Puppet Selbstmord.

Jeremiah fühlt sich zunehmend bedroht im Sanktuarium und möchte nun auch seinen Auftrag nicht mehr ausführen, zumal sich weder Nicolas, noch Mia oder Simon bei Delphine oder ihm melden und sie so ganz schön einsam sind in der Weite und Einsamkeit des Sanktuariums.

Turings Vermächtnis von A. Endler

Rezension: Turings Vermächtnis von Arno Endler

Bei Turings Vermächtnis von Arno Endler handelt es sich um einen SciFi-Krimi-Thriller.

Turings Vermächtnis ist relativ brutal, was aber wohl von einem Thriller nicht anders zu erwarten war. Es wird unter anderem beschrieben wie die Leiche von Gabor Horvath mit zerschmettertem Schädel aufgefunden wird und wie sich Ivy North mithilfe ihres Pupptes selbst getötet hat. Eigentlich mag ich solche Beschreibungen nicht sonderlich gerne, aber irgendwie fand ich es in diesem Thriller nicht so schlimm; möglicherweise weil es nicht in aller Ausführlichkeit beschrieben oder mit einem Medium als Puffer (Ivys Ermordung sehen Jeremiah und Delphine nur als Aufzeichnung) beschrieben wird.

Durch die Abgeschiedenheit des Sanktuariums entsteht eine sehr düstere und gruselige Atmosphäre, gleichzeitig handelt es sich dadurch um einen Whodunit. Allerdings ermitteln Jeremiah und Delphine nicht wirklich, da nach einigen Todesfällen kaum noch Verdächtige beziehungsweise Zeugen übrigbleiben. Obwohl es eigentlich kaum zu Ermittlungen kommt, kommt Jeremiah dem Täter immer näher und findet schließlich heraus, wer der Täter ist.

Auch die Turing Tests kommen mir ein bisschen zu kurz. Ja, Jeremiah befragt alle Anwesenden aber ich hätte mir gewünscht, dass man mehr auf die Tests eingeht. Dass Jeremiah beispielsweise reflektiert was genau es mit diesen Tests auf sich hat und wieso er welche Person auf diese und jene Weise befragt. Das kam praktisch überhaupt nicht vor und so sind die Fragen auch eher untergeordnet in der Gesamthandlung, was ich sehr schade fand, weil ich mir etwas anderes erhofft habe.

Außerdem geht Jeremiah unglaublich naiv an seinen Auftrag heran. Ich hatte die ganze Zeit so das Gefühl, was eng mit dem im Absatz oben beschriebenen zusammenhängt, dass Jeremiah gar nicht wirklich weiß wie er die Leute befragen soll. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er alle Anwesenden nur befragt, ob diese Maschinen beziehungsweise Puppets oder richtige Menschen sind und wenn die Antwort besagt, dass es sich um einen Menschen handelt, geht er zur Befragung des nächsten über. Auch hat er zuvor nicht mit den Gefahren, die dieser Auftrag mit sich bringen kann, gerechnet und auch sonst scheint er unglaublich naiv an die Befragungen heranzugehen.

Dennoch handelte es sich für mich bei diesem SciFi-Thriller um einen wahren Pageturner. Nachdem ich das Buch angefangen hatte, konnte ich es kaum noch aus der Hand legen. Der Erzählstil ist unglaublich flüssig und man fliegt nur so durch die Seiten. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Erzählperspektive sehr nah an Jeremiah dran ist und man immer mitverfolgen kann, was er gerade tut.

Mich haben die vielen Figuren am Anfang ein bisschen überfordert, weshalb ich sehr dankbar für das Namensverzeichnis am Anfang des Romans war. Gemeinsam mit Jeremiah befinden sich 13 Personen im Sanktuarium, obwohl davon einige eine eher untergeordnete Rolle spielen (Ari kommt beispielsweise nur am Ende kurz vor, Elias ist bereits beim Eintreffen von Jeremiah tot). Nach der Lektüre finde ich, kann man die Figuren alle gut auseinanderhalten, aber währenddessen fand ich es schon schwieriger.

Außerdem hat mich die Handlung dazu verleitet jeden Mal zu verdächtigen: Zwischendurch dachte ich, dass es sich bei Delphine um eine KI handeln muss, später dachte ich, dass Ragg eine ist und manchmal auch, dass es sich bei allen um eine KI handelt. Dass ich ständig auf durchaus nachvollziehbare aber immer andere Fährten geschickt wurde, hat mir gut gefallen. Man hatte irgendwann wirklich das Gefühl, dass man niemandem im Sanktuarium mehr vertrauen kann und so konnte man sich auch in Jeremiah gut hineinfühlen.

Abschließend möchte ich noch kurz die ethischen Fragen erwähnen, die der Roman unter anderem aufwirft: Lysanns  Hunde sind nur Puppets, wie Jeremiah herausfindet. Bei Puppets handelt es sich um eine Art Roboter, die von Menschen bewusst gesteuert werden können. Die Puppets tun nur mit einer minimalen Verzögerung alles, was sie von ihrem Steurer gesagt bekommen. Außerdem übertragen Puppets Berührungen, Schmerzen, Erschütterungen und sie können bluten. Ist es also verwerflich den Hunden Normalität vorzugaukeln indem man sie die Puppets steuern lässt? Oder wäre es verwerflicher bei dieser Technologie die Hunde sterben zu lassen, wenn sie aufgrund von Krankheit und Alter nicht mehr lebensfähig sind?

Eine zweite Frage wäre, worin sich Kunst äußert. Könnte eine KI wahre Kunst erschaffen? Was muss ein Mensch tun, damit das, was er schöpft wirklich Kunst wird und könnte dieser Prozess auch von einer KI durchlaufen werden? Das ist eine unglaublich interessante Frage, die sich in der Kunstszene (und hier ist es, glaube ich, egal, ob man mit Autor:innen, Musiker:innen oder Maler:innen spricht) immer wieder stellt. Ich hätte gerne mit jemandem über das Für und wider dieser Frage diskutiert. Es wäre also eine Möglichkeit diesen Thriller in einem Lesekreis zu lesen und gemeinsam über die ethischen Implikationen zu diskutieren.

Insgesamt habe ich von Turings Vermächtnis von Arno Endler etwas anderes erwartet, aber ich war dennoch sehr begeistert von diesem sehr spannenden Pageturner. Mir hat der SciFi-Krimi-Thriller gut gefallen und ich empfehle ihn sehr gerne weiter.

 

 

Danke an den Polarise Verlag für das Rezensionsexemplar!