Die Frau, die den Himmel eroberte von V. Giese

Inhaltsangabe: Die Frau, die den Himmel eroberte von Vanessa Giese

Die Frau, die den Himmel eroberte verfasst von Vanessa Giese ist ein biographischer Roman über Katharina „Käte“ Paulus, die eine Pionierin der Luftfahrt war.

Käte Paulus lebt gemeinsam mit ihrer Mutter in Frankfurt am Main. Für eine Frau des ausgehenden 19. Jahrhunderts will Käte viel vom Leben, denn das Leben, das für sie vorgesehen ist, ist ihr nicht genug. Sie arbeitet als Näherin in einem Schneideratelier und muss reichen Damen die Kleider nähen. Sie wird von ihrem Meister gescholten, wenn sie Fehler macht und die Frauen, für die sie arbeitet, schauen durch sie hindurch. Als Käte bei einem Kuraufenthalt in Wiesbaden, den sie gemeinsam mit ihrer Mutter verbringt, Hermann Lattemann kennenlernt, endet sich ihr gesamtes Leben.

Lattemann ist ein berühmter Luftschiffer, der immer wieder aus gasgefüllten Ballons springt und mit einem Fallschirm zu Boden gleitet. Käte ist fasziniert von diesem waghalsigen Mann, umso mehr als dieser Abenteurer in ihren Garten in Wiesbaden fällt. Sie führen eine angeregte Unterhaltung und auch Hermann ist beeindruckt von der jungen Frau.

Zurück in Frankfurt malt sich Käte die phantasievollsten Szenen aus bis eines Abends tatsächlich Hermann vor ihrer Tür steht. Er möchte ihr einen Job als Näherin in seinem Betrieb anbieten. Sein aktueller Schneider wird alt und braucht Unterstützung, aber darüber hinaus muss jemand, der für ihn arbeitet auch eine Vision und Phantasie haben und das sieht Hermann in ihr. Einige Zeit versucht Käte beide Stellungen unter einen Hut zu kriegen, aber die Doppelbelastung schlaucht sie so sehr, sodass ihre Mutter ihr irgendwann rät die Sicherheit aufzugeben und Lattemann voll und ganz zu unterstützen. Dieser ist begeistert und sofort steigt Käte ganztags bei ihm ein.

Hermann und sie führen angeregte Diskussionen über Verbesserungen an den Ballons und Fallschirmen, mit denen sie arbeiten. Er führt sie in das Geschäft ein und irgendwann fährt Käte sogar mit ihm auf. Während er abspringt, soll Käte den Ballon und einen zahlenden Fahrgast wieder zurück zur Erde bringen. Was am Anfang noch nicht so ausgereift ist, gelingt ihr immer besser bis sie irgendwann mit ihm gemeinsam abspringt. Zwischen den beiden entwickelt sich aber nicht nur eine respektvolle Arbeitsbeziehung, sondern auch eine intime. Käte wird nach einiger Zeit, und obwohl sie aufgepasst haben, schwanger und bekommt das Kind. Trotzdem will Hermann sie nicht heiraten, wenngleich er sozusagen mit ihr und ihrer Mutter zusammenzieht und sie eine neue, bessere Wohnung beziehen.

Nach dem Absturz von Hermann und dem Tod ihres gemeinsamen Sohnes, ziehts ich Käte in sich selbst zurück und findet erst nach und nach zurück in die Welt. Sie nimmt ihr Geschäft wieder auf und stürzt sich fortan alleine aus dem Ballon. Einige Jahre später lernt sie bei einer Landung in einem Baum den Zimmermann Max kennen. Die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft und sie führen eine Zeit lang sogar eine Beziehung bis Käte schwanger wird und sich gegen das Kind entscheidet.

Fortan bleibt sie alleine und geht nach Berlin, denn dort sind ihre Chancen inzwischen besser, da sie sich in ihrem Alter so langsam aus dem aktiven Ballonsprunggeschäft zurückziehen möchte. In Berlin nimmt sie Flugstunden, kann den motorisierten Maschinen aber wenig abgewinnen und tut sich entsprechend schwer. In Berlin ist sie auch wieder enger mit Frieda, einer Freundin aus Kinder- und Jugendtagen, befreundet. Im Gegensatz zu Käte lebt Frieda ein Leben im Luxus, ist verheiratet und hat vier Kinder (allerdings musste auch sie zwei ihrer Kinder beerdigen).

Als der Krieg ausbricht, ist auch Käte – wie fast jeder im Reich – von einem schnelle Sieg Deutschlands überzeugt. Frieda ist skeptischer, da sich beide Söhne rasch gemeldet haben, sorgt sie sich um sie. Ihr Mann ist skeptisch und glaubt nicht an einen schnellen Sieg und wird immer lethargischer. Ihre älteste Tochter befindet sich, mit einem Briten verheiratet, noch in Großbritannien und kriegt den Kontakt zu ihrer Familie untersagt.

Käte, die während ihrer aktiven Zeit als Fallschirmspringerin beständig Verbesserungen am Gleitschirm vorgenommen hat, möchte diesen den Truppen anbieten, damit die Soldaten nach einem Abschuss eine Chance zu überleben haben. Anfänglich ist das Militär skeptisch, nimmt ihre Erfindung aber dann doch dankend an, und so geht Käte mit immer mehr Näherinnen in die Produktion. Anfänglich werden die Frauen nicht nur mit Material, sondern auch mit Nahrungsmitteln unterstützt, doch alles wird knapp und so hungern auch diese Frauen irgendwann.

Käte, ihre Mutter und ihre Näherinnen überleben den Krieg zwar, doch danach ist die Welt auch nicht einfacher…

Die Frau, die den Himmel eroberte von V. Giese

Rezension: Die Frau, die den Himmel eroberte von Vanessa Giese

Bei Die Frau, die den Himmel eroberte von Vanessa Giese handelt es sich um einen biographischen Roman.

Käte Paulus war mir am Anfang recht sympathisch. Sie lebt ihr Leben, und obwohl sie sich um ihre Mutter kümmert und sie finanziell unterstützt, will sie mehr vom Leben. Sie ist nicht glücklich mit ihrer Stellung, bleibt aber dort, um ihre Mutter mitversorgen zu können. Als sie die Chance erhält, ihr Leben zu verändern, ergreift sie diese und fängt in der Werkstatt von Lattemann an; auch weil ihr das respektvolle Miteinander dort so gut gefällt. Als sie die Beziehung mit Hermann eingeht, macht sie sich zwar Gedanken darüber, dass sie schwanger werden könnte, zwingt ihn aber auch als sie schwanger geworden ist, nicht zur Heirat. Man hat den Eindruck, dass beide eine gleichberechtige Beziehung führen und Hermann Käte den Rücken stärkt wo es ihm möglich ist. Erst im Laufe des Romans wurde mir Käte etwas unsympathischer, obwohl man sie ja im historischen Kontext betrachten musste. An ihr hat man wunderbar gemerkt wie die Stimmung damals im deutschen Reich war. Die Autorin hat die Komplexität eines realen Menschen wunderbar in ihre Figur der Käte Paulus einfließen lassen.

Das Leben von Käte Paulus war überaus spannend. Sie hat vieles erlebt, was eine normale Frau zur damaligen Zeit wahrscheinlich niemals erlebt und erreicht hätte. Das macht ihr Leben überaus lesenswert. Mir persönlich hat der erste Teil, in dem sie mit Hermann Lattemann zusammen war, am besten gefallen. Aber auch ihre späteren Lebensabschnitte halten viel spannendes bereit. Obwohl in einigen Abschnitten nicht viel geschieht, was über den normalen Alltag hinausgeht, war der Roman dennoch kurzweilig.

Der Roman ist auf jeder einen Seite sehr spannend geschrieben und ich wollte immer gerne wissen wie es weitergeht, auf der anderen Seite fand ich die Sprache auch sehr poetisch.

Darüber hinaus lernt man aus einem solchen historischen Roman viel über die historischen Umstände, darunter auch die Gesellschaft, die Kriegsbegeisterung, die Unterversorgung im Krieg und auch die Stellung und Rolle der Frau. Natürlich hat man aus dem Geschichtsunterricht schon gewusst, dass die Deutschen kurz vor dem ersten Weltkrieg total begierig auf den Krieg waren, weil sie fast überzeugt, waren, dass sie diesen gewinnen könnten. So richtig verstanden was damit gemeint ist (ich kann mir das gar nicht vorstellen wieso man sich auf einen Krieg freut), habe ich – zumindest etwas besser – durch den Roman, weil die Stimmung der Deutschen darin gut beschrieben wurde. Auch was diese Unterversorgung im Krieg eigentlich konkret bedeutet, ist mir durch den Roman etwas klarer geworden. Klar ist natürlich, dass es kaum Nahrungsmittel und Kohle gab, aber dass es darüber hinaus auch bei Stoffen knapp wurde und man kaum Ausrüstung fertigen konnte. So etwas wusste man natürlich, aber es noch einmal zu lesen und die direkten Konsequenzen zu lesen, fand ich doch spannend.

Was ich sehr schade fand, weil das einer der Hauptgründe war, weshalb ich das Buch ursprünglich lesen wollte: mir fehlen die Beschreibungen der Städte und Landschaften von oben. Es geht ja darum, dass Käte mit dem Ballon aufsteigt und sie steigt in Städten auf, die ich kenne: Darmstadt, Frankfurt, Wiesbaden, (Berlin). Da hätte es mir natürlich gefallen mal einige Eindrücke von ihr aus der Luft zu erhalten. Wie sahen die Städte damals aus? Welche Unterschiede gibt es bei den Städten, wenn man sie von oben sieht? Wie sehen Sehenswürdigkeiten und Wahrzeichen der Städte von oben aus? Auf all diese Aspekte hatte ich mich sehr gefreut und war dementsprechend enttäuscht, dass es solche Beschreibungen eigentlich gar nicht gibt. Für mich wäre das ein elementarer Bestandteil des Ballonfliegens gewesen.

Konstruktionszeichnungen von Ideen und Modellen, die Käte mit Hermann (oder auch alleine) entwirft, wären auch nett gewesen. Immer wieder werden solche Konstruktionen von Käte (als Ich-Erzählerin) beschrieben. Veranschaulichungen hätten mir geholfen, mir diese Ideen besser vorstellen zu können. Natürlich weiß ich nicht, ob solche Konstruktionszeichnungen überhaupt noch existieren, aber interessant wäre das schon gewesen. Eine Zeittafel oder prominentere Jahreszahlen hätten geholfen, die Geschehnisse besser einordnen zu können. Mir fiel es vor allem am Anfang schwer Kätes Alter und die Jahre mit Hermann einzuschätzen.

In diesem Kontext hätte mich auch interessiert welche der Passagen die Autorin aus Quellen entnommen hat. Wofür gibt es Beweise? Wofür gibt es zumindest Hinweise? Und was hat sich die Autorin ausgedacht? Da ich das Genre der biographischen Romane noch nicht gut kenne, weiß ich nicht wie normal ist da ist mit Quellenangaben zu arbeiten, aber ich hätte gerne noch weitere Hinweise darauf erhalten, was belegt ist und wo die Autorin ihre Phantasie verwendet hat, weil manche Lücken durch Schriftstücke, Korrespondenzen und Bilder nicht gefüllt werden konnten.

Insgesamt hat mir Die Frau, die den Himmel eroberte von Vanessa Giese ganz gut gefallen. Der Anfang war für mich stärker als der mittlere Teil und das Ende. Obwohl Käte eine mutige junge Frau war, und in einigen Belangen sicherlich ein Vorbild sein kann, konnte ich sowohl mit ihrer Kriegsbegeisterung als auch mit ihrer Homophobie nichts anfangen. Dass es sich bei Käte um einen realen Menschen handelt und die Romanfiguren dementsprechend komplex sein sollte, hat die Autorin allerdings gut rübergebracht und das hat mir gut gefallen. Insgesamt empfehle ich den Roman gerne weiter, auch wenn er für mich ein paar kleinere Schwächen hatte.

 

 

 

Danke an den Insel Verlag und Vanessa Giese für die Leserunde und das Rezensionsexemplar!