Ich habe Die Weinbergfrauen von Brigitte Guggisberg als Rezensionsexemplar beantragt, weil mich der Roman an Émilie und das kleine Restaurant von Annie L’Italien erinnert hat. Leider gab es überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Roman.
Ich habe erwartet, dass die drei Frauen einander nicht kennen, weil die Inhaltsangabe auf dem Buchrücken es suggeriert, aber die drei kannten sich zumindest über Ecken und kommen auch alle nicht zufällig dort hin und packen dann mit an um den Weinberg zu retten, stattdessen sind sie alle aus anderen Gründen dort. Deshalb möchte ich kurz auf die drei weiblichen Hauptfiguren eingehen:
Valentina ist beinahe 30, benimmt sich aber wie eine 16-Jährige. Ich habe mich immer wieder gefragt wie eine erwachsene Frau so naiv sein kann. Sie fragt ihre verheiratete Affäre (und sie weiß, dass er verheiratet ist), immer wieder warum sie nie etwas unternehmen können und dass er doch sicherlich versucht sie zu verstecken. Er ist daraufhin ziemlich genervt und sagt ihr, dass er sie natürlich versteckt, weil er ja verheiratet ist. Dennoch denkt sie, dass er sie liebt. Auch als sich immer mehr herauskristallisiert, dass er sie die ganze Zeit belogen hat und inzwischen wohl schon eine neue Affäre hat, denkt sie immer noch, dass er bald auf das Weingut kommt und sich sicherlich freut, sie zu sehen.
Sandrine benimmt sich richtig gemein. Sie ist eine kluge Karrierefrau und man denkt sich, dass sie doch sicherlich sympathisch sein wird. Nein. Einfach nein. Sie ist knallhart und tut teilweise Sachen, die für mich am Rande der Legalität waren. Sie kommt auf den Hof und schnüffelt in Herrmanns Unterlagen rum. Als sie entdeckt wird, behauptet sie, sie dürfe dort sein, weil Roland sie ja beauftragt hat. Und soweit ich weiß, darf niemand einfach in das Haus eines anderen eindringen auch nicht, wenn es ihm mitgehört. Der andere wohnt dort schließlich seit etlichen Jahren alleine. Dann geht sie in den Weinkeller und veranstaltet einfach eine Weinprobe, um zu beweisen wie schlecht der Wein ist. Ohne zu fragen und sie verköstigt dort einen Wein, der ihr nicht gehört. Danach attackiert sie noch eine Ziege mit Pfefferspray und überlegt, ob sie ihr Baby abtreiben soll, einfach weil sie bezüglich ihrer Beziehung so unsicher ist.
Marlene versucht die ganze Zeit Herrmann zu überzeugen, das Weingut aufzugeben, damit sie ihren reichen Hamburger-Damen das Geld zurückzahlen kann, dass sie an den Betrüger verloren haben. Sie ist trotzig (und wird auch immer wieder so beschrieben in ihren Reaktionen) und egoistisch. Als sie erfährt, dass Valentina eine Affäre mit Roland hatte, wird Valentina von Herrmann auf dem Weingut gelassen und man kümmert sich um Marlena indem ihr die drei regelmäßig etwas zu Essen hinstellen und sie ansonsten in Ruhe lassen. Daraufhin meint sie, dass Herrmann es verdient habe, dass sie nun ihren Weinberg verkauft ohne es ihm zu erzählen, weil er sich ja nicht gut genug um sie gekümmert hat. So eine Reaktion erwartet man von einem Kind, aber doch nicht von einer erwachsenen Frau. Letztendlich setzt aber vor allem bei Marlene der Sinneswandel ein, sie schießt ihren Mann auf den Mond als dieser ihr durch die Blume verstehen gibt, dass er seinen Bruder fertig machen möchte und sie hilft das Weingut zu retten.
Man würde jetzt vielleicht denken, dass die drei Frauen am Anfang so negativ dargestellt werden müssen, damit sie dann am Ende einen guten Wandel vollziehen können, aber der kommt viel zu kurz so er denn überhaupt stattfindet. Teil 2 beginnt erst auf Seite 200 und dann dauert es auch noch etliche Seiten bis alle drei Frauen wirklich zusammen anpacken, um das Weingut zu retten. Gefühlt geschieht das nur auf den letzten etwa 50 Seiten. Hinzu kam, dass das Ende dann auch ziemlich abrupt kommt und für mich so viel offen gelassen wurde: Wie geht Roland mit dem Verlust seiner Frau um? Wer war denn nun eigentlich der Saboteur? Kommen Herrmann und Marlene zusammen? Wieso haben die Erntehelfer Herrmann damals wirklich im Stich gelassen? Das sind alles Fragen, die angeschnitten werden, dann aber doch offen bleiben, weil das Ende wirklich plötzlich kommt.
Von mir aus hätte man die drei Frauen gerne am Anfang etwas weniger ausführlich und weniger negativ darstellen dürfen und dann nochmal ausführlicher auf die Rettung des Weinguts eingehen dürfen, weil man das nur aus einer sehr distanzierten Perspektive geschildert bekommen. Also weniger Showing und mehr Telling und so konnte man sich nicht mal hier in die Situation hineinfühlen, obwohl das ja eigentlich der Schwerpunkt des Romans sein sollte; zumindest nach dem wie ich den Klappentext interpretiert hatte.
Auch hier ist das wieder ein wichtiger Punkt für mich: Ich weiß nicht wie negativ ich den Roman wahrgenommen hätte, wenn der Klappentext etwas näher an der wirklichen Handlung des Romans gewesen wäre. Dieser schürt schließlich Erwartungen beim Leser und wenn der die Erwartungen nicht erfüllen kann, dann ist man enttäuscht und das zusammen mit den negativen Charakteren und der seltsam Handlungsaufteilung dem abrupten Ende hat mir einfach das Lesevergnügen genommen.
Ein positiver Punkt ist aber doch noch zu nennen: Das Cover ist wirklich hübsch und hat mir gut gefallen und ich mochte auch, dass sich der Stil ziemlich flüssig lesen lässt.
Insgesamt war ich also nicht sonderlich begeistert von Die Weinbergfrauen von Brigitte Guggisberg und finde, dass man aus der Geschichte noch viel mehr hätte rausholen können.
Danke an den Diana Verlag für das Rezensionsexemplar!