Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des Blogprojektes Sommerloch-Juli Urlaub in Griechenland.
In der Tragödie Philoktet von Sophokles aus dem Jahr 409 v. Chr. gibt es nur wenige Figuren: Odysseus, Neoptolemos, Philoktet, Ein als Händler verkleideter Seemann, Herakles, Chor der fünfzehn Seeleute des Neoptolemos. Der Handlungsort ist eine öde Felsküste der Insel Lemnos im nördlichen Ägäischen Meer. Vor Jahren hatte Odysseus Philoktet auf dieser Insel ausgesetzt, der dort seitdem mit einem verletzten Bein um sein Leben kämpfen muss. Philoktet erjagt sich mit seinem Bogen sein Essen und schleppt sich humpelnd über die Einöde. Neoptolemos soll ihn mit einer List davon überzeugen mit ihnen zu kommen bzw. ihnen seinen Bogen zu geben, was dieser aber natürlich nicht möchte, weil er den Bogen braucht. Neoptolemos ist Sohn des Achilles und damit weit bekannt für seine Tugendhaftigkeit und seine Ehrlichkeit. Er versteht nicht, warum sie Philoktet auf diese Weise hereinlegen müssen und vor allem, warum er der sein muss, der ihn reinlegt. Erst recht nachdem er den armen Mann lieb gewonnen hat, fällt es ihm schwer seine List aufrecht zu erhalten, gibt ihm sogar den dringend benötigten Bogen zurück. Neoptolemos und Philoktet wollen nicht zurück mit dem Schiff fahren, wollen auf der Insel bleiben, doch dann kommt Herakles mit einem Götterspruch, dem sich beiden beugen müssen: Nur gemeinsam also Neoptolemos und Philoktet zusammen können Troja erobern.
Man merkt immer wieder, dass es ganz praktisch wäre, wenn man sich in der griechischen Geschichte und Mythologie besser auskennen würde um diese Stücke wirklich auch interpretatorisch erschließen zu können. Oft wird aus dem Kontext klar, welche Figuren miteinander verwandt sind, aber warum es nun so wichtig ist, dass Neoptolemos und Achilles Vater und Sohn sind, hat sich mir nur aus dem Kontext erschlossen. Es wird immer wieder darauf verwiesen, dass sie Vater und Sohn sind und dass Achilles ein besonders tugendhafter Mann gewesen sei, sodass sich Neoptolemos ebenso verhalten sollte und muss.
Es gab wohl damals nicht nur ein Stück von Sophokles, das Philoktet zum Thema hatte, sondern ebenfalls von Euripides und von Aischylos, welche den gleichen Stoff auch verarbeiteten. Diese wurden in der Antike sogar miteinander verglichen. Diese Chance hätte ich heute auch gerne, und würde die Stücke gerne mal miteinander vergleichen, was ich mir durchaus interessant und gewinnbringend vorstellen kann. Schade, dass das heute nicht mehr möglich ist, aber glücklicherweise gab es ja jemanden, der die Stücke in der Antike schon miteinander verglichen hat, sonst wüssten wir vielleicht gar nicht, dass es mehrere Stücke zum selben Stoff gab.
Als ich vor dem Lesen des Stücks sah, dass es nur an einer Felsküste spielt und dass es eigentlich nur zwei bzw. drei handlungstragende Figuren gibt, war ich sehr skeptisch und ich dachte, dass dieses Stück bestimmt sehr schnell langweilig wird. Aber diese Befürchtungen bleiben aus. Klar, das Stück ist jetzt nicht das spannendste, aber ich mochte die Entwicklung von Neoptolemos und ich mochte, dass er, obwohl es ihm schadet, seine tugendhafte Seite wiederfindet und sich letztendlich dafür entscheidet. Ich mochte auch, dass Philoktet, obwohl er einen Groll auf Odysseus hat, sich am Ende, dank Herakles, dafür entscheidet, dem Heer gegen Troja beizustehen.
Insgesamt hat mir der Philoktet von Sophokles nicht umwerfend gut, aber dennoch nicht schlecht gefallen, sodass ich eine Lektüre durchaus mal empfehlen würde.