Sommerloch-Juli Urlaub in Griechenland

Ion von Euripides

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des Blogprojektes Sommerloch-Juli Urlaub in Griechenland.

 

In der Tragödie Ion von Euripides schildert der Autor die Geburt von Ion, allerdings erst in der Rückschau. Kreusa und ihr Mann Xuthos kommen nach Delphi um dort in den Tempeln die Götter um Rat zu bitten, denn sie schaffen es einfach nicht ein Kind zu bekommen. Xuthos betet im Tempel des Apollon und bekommt dort die Weisung den Mann, der ihm als erstes begegnet als seinen Sohn anzuerkennen. Es stellt sich heraus, dass er zu der Zeit von Ions Zeugung etwa eine Affäre mit einer Sklavin hatte, die wohl heimlich einen Knaben geboren haben muss. Ion ist nicht glücklich über diese niedere Abstammung, ist aber froh, dass er endlich einen Vater hat auch wenn er immer noch gerne wüsste, wer seine Mutter ist oder sich zumindest nicht sicher ist, dass er es nicht wissen möchte. Kreusa erfährt, dass ihr Mann nun einen Sohn hat und hat Angst von ihrem Platz im Haus vertrieben zu werden, schließlich ist ja bekannt, dass Stiefkinder ihre Stiefelternteile öfter töten oder zumindest aus dem Haus drängen. Um das nicht zuzulassen macht Kreusa sich auf, um Ion töten zu lassen. Dieser Plan fliegt durch göttliche Schickung auf und so muss Kreusa vor den Häschern flüchten, die die beinahe Mörderin fassen wollen. Ion ist kurz davor die Frau, die ihn töten wollte selbst zu töten. Bis auch dies verhindern wird, indem Kreusa sich auf einen Altar flüchtet. Ion und sie erfahren zusammen, dass er ihr Sohn ist. Die Tempeldienerin hat die Sachen, in die er gewickelt war, behalten und Kreusa erkennt sie als ihre wieder. Athene sagt ihnen, dass sie Mutter und Sohn sind und bittet sie unter ihrem Schutz zurück nach Athen zu kehren, aber Xuthos nichts davon zu sagen, dass er nicht sein Vater ist.

Was sich mir logisch nicht ganz erschlossen hat, war wie man Xuthos erklärt, dass Kreusa zwar versucht hat, Ion zu töten, er ihr das aber einfach verzeiht und die beiden fortan glücklich zusammenleben können. Abgesehen davon hat diese Tragödie viele interessante Stellen: Zum einen haben wir da die Anagnorisis von Ion und Kreusa, die sich im Tempel widererkennen. Wir haben den Chor, der immer wieder vermittelnd und reflektierend in die Handlung eingreift. Und auch den ein oder anderen Botenbericht finden wir in diesem Stück. So berichtet beispielsweise am Anfang Hermes als Bote was zuvor vorgefallen ist, damit der Leser oder Zuschauer die Hintergründe der Handlung besser einordnen kann. Und abschließend tritt auch Athene wieder als Deus ex machina auf. Sie löst den Konflikt zwischen Kreusa und Ion auf und offenbart sich als von Apollon geschickt, der übrigens kaum eine Rolle spielt in der Tragödie, denn er lässt immer andere seine Probleme lösen. Athene erklärt den Parteien, was vorgefallen ist und gibt einen Rat wie am Ende am besten zu verfahren sei. Wer sich also mal mit den vielen Feinheiten und Kniffen des griechischen Theaters auseinandersetzen möchte, ist hier gut beraten, denn man versteht doch viele dieser Fachbegriffe und Konzepte besser wenn man sie mal in einer Tragödie gelesen hat.

Natürlich sind einige Aspekte der Tragödie moralisch fraglich. Zum einen ist da, dass Xuthos einfach so ein Kind untergeschoben bekommt, wobei ihm natürlich niemand versprochen hat, dass der Junge, den er findet, ein leiblicher Sohn ist. Dennoch ist es nicht wirklich richtig, ihn in dem Glauben zu lassen. Und als nächstes ist da die Vergewaltigung von Kreusa. Nirgendwo wird es als Vergewaltigung bezeichnet, aber dennoch wird aus dem, was Kreusa beschreibt und ihrer Wortwahl deutlich, dass es eine Vergewaltigung gewesen sein muss. Apollon zwingt sich ihr auf und sie hat keine andere Möglichkeit und fügt sich ihm, doch gleichzeitig schützt er sie auch wieder. Er sorgt dafür, dass ihre Schwangerschaft nicht auffliegt und auch nicht, dass sie ein Kind geboren hat. Außerdem beschützt er seinen Sohn und lässt ihn nach Delphi bringen, sodass er dort im Schutz des Vaters als Tempeldiener aufwächst. Dies gefiel mir nicht, und es wollte sich entsprechend auch keine Sympathie mit dem Gott Apollon einstellen.

Dennoch empfinde ich Ion von Euripides als wahres Meisterwerk und ich kann jedem, der sich für griechische Tragödien oder für Literaturwissenschaft interessiert nur empfehlen diese Tragödie zu lesen.

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