Und vor uns liegt das Glück von Federica Bosco verspricht einen Roman über Freundschaft, Liebe und Selbstfindung. Doch leider sieht die Schwerpunktsetzung anders aus als erwartet.
Ludo ist keine besonders willensstarke Person und von ihrer Charakterstruktur grundsätzlich eher zurückhaltend. So ist die Figur entsprechend angelegt und wirkt auch über weite Strecken sympathisch, allerdings ändert sich das mit dem Zusammenkommen mit Paolo. Sie wird immer weniger selbstständig, lässt sich manipulieren, obwohl sie eigentlich weiß, dass sie manipuliert wird und lässt sich entsprechend verunsichern. Ich kann ja verstehen, dass eine Frau Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl hat und sich deshalb leicht beeinflussen lässt, aber bei Ludo wirkte es irgendwann nicht mehr glaubwürdig, weil man keine richtige Begründung für ihr passives Verhalten bekommen hat. Es hieß einfach, dass sie Angst hat, ihren Job zu verlieren und dass sie Angst hat, alleine zu enden, aber das war für mich keine Erklärung für ihr andauerndes Verhalten, vor allem, weil sie darüber reflektiert hat, dass es eigentlich auch keine Lösung ist Paolo einfach zu heiraten. Dennoch hat sich nichts getan und ist in ihrer Starre verharrt.
Cate wird auch nicht ausschließlich positiv beschrieben. Ludo erzählt am Anfang des Romans von ihrer Kindheit und Jugend und den ersten Erwachsenenjahren mit ihrer besten Freundin und da kommt Cate auch nicht immer so super weg, aber diese Fehler haben die Figur beinahe schon greifbar gemacht, was mir sehr gut gefallen hat, gleichzeitig aber schwierig ist, weil man irgendwie eine der guten Figuren nicht uneingeschränkt positiv beschrieben bekommt.
Die Geschichte selbst hat mir eigentlich ganz gut gefallen, aber…und zu diesem Aber habe ich schon bei einigen anderen Rezensenten etwas gelesen. Die Inhaltsbeschreibung auf dem Umschlag suggeriert, dass Cate von ihrer Australienreise zurückkommt, schwanger ist, und kurz nach dem das Kind geboren wird, erfährt, dass sie Krebs hat und nun ihre beste Freundin schickt, um den Vater ihres Kindes zu informieren und sich Ludo und Matt dann in einander verlieben. Ich habe also die ganze Zeit gewartet, dass genau das passiert und währenddessen sind hunderte Romanseiten ins Land gezogen. Dazu noch zwei Dinge: Natürlich steht in der Beschreibung nichts falsches, aber es werden falsche Kausalitäten und Zeitintervalle suggeriert und zweitens ist der Aufbau des Romans natürlich insofern sinnvoll als dass Ludo erst einmal den Mist mit Paolo durchmachen musste um den Mut zu haben in ein fremdes Land zu reisen, das so weit von ihrer Heimat entfernt ist, alleine und ohne die Sprache wirklich flüssig zu sprechen. Das ergibt nur so richtig Sinn.
Und somit komme ich zu dem, was mir wirklich gut gefallen hat: Die Beschreibungen von Australien und die Beschreibung von Ludos Reise (auch zu sich selbst!). Ich mochte es wie Ludo in Australien herumgereist ist, um Matt zu finden, denn der Autor hat die Umgebung und die Sehenswürdigkeiten beschrieben, wenngleich man diese Beschreibungen noch etwas hätte ausweiten können und der Roman dadurch noch etwas mehr in Richtung Reiseroman gegangen wäre, dass meiner Ansicht nach gut gepasst hätte. Dennoch waren die Beschreibungen auch in der Form sehr schön
Auch die Reise, die Ludo zu sich selbst unternimmt, hat mir gut gefallen, wenngleich ich es schöner gefunden hätte, wenn nicht ein Mann derjenige gewesen wäre, der ihr sagt, wie toll sie ist, sondern wenn sie stattdessen einfach selbst erkannt hätte, dass sie toll ist. Dennoch war dieser Selbstfindungstrip in Australien sehr schön und hat eine neue Facette von Ludos Persönlichkeit gezeigt.
Schön wäre es gewesen, wenn man schon im Klappentext deutlich macht, dass es um eine Frau geht, die eben unter anderem von ihrem Partner emotional misshandelt wird und die daraus befreit wird und dann Mut schöpft und ihr Leben neu beginnt. Wenn es vorher klar gewesen wäre, wäre man als Leser mit einer anderen Erwartungshaltung rangegangen und die Thematik wäre auf jeden Fall auch wichtig und passend zum Geist des Romans gewesen. Eine andere Möglichkeit wäre es gewesen den Teil mit Paolo um 50 bis 100 Seiten zu kürzen, denn auch dann hätte der Roman noch einen guten Umfang und der Schwerpunkt würde eher auf der Reise zu sich selbst und dem Neubeginn liegen.
Insgesamt hat mir der Roman Und vor uns liegt das Glück von Federica Bosco aber dennoch sehr gut gefallen und vor allem das Ende war wirklich unglaublich schön, wenngleich es mir am Ende dann doch alles viel zu schnell ging und ich den Endzustand dann gerne noch ein paar Seiten länger genossen hätte.
Danke an den Penguin Verlag für das Rezensionsexemplar!