Der Fantasy-Roman Drõmar: Ehre und Wut von Calin Noell ist für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet und durch die wechselnde Perspektive von Aẽnîd und Hannah können es, denke ich, sowohl Jungs als auch Mädchen gut lesen.
Obwohl ich von dem Roman total begeistert war, habe ich dennoch einige Kleinigkeiten gefunden, die man meiner Ansicht nach noch verbessern könnte. Mir ist auch nach Beendigung des Buches immer noch nicht ganz klar, was eigentlich eine Bakana ist. Das ist besonders deshalb schade, weil Hannah eine ist und mit ihren Kräften zum Bestehen des Abenteuers beiträgt. Ein weiterer Punkt war, dass mich die Tageszeiten am Anfang verwirrt haben: Drõmar, die Welt von Aẽnîd, soll mit der Menschenwelt 12 Stunden versetzt sein. Als Hannah und Luc weglaufen ist es spätabends, sodass es in Drõmar morgens sein müsste. Hannah und Luc sind gerade in ihrer neuen Welt angekommen als sie schon wieder so müde sind, dass sie sich hinlegen. Dann werden sie angegriffen und schon ist es wieder Abend. So kam es mir zumindest vor und das passte für mich von den Zeiten her einfach nicht. Recht weit am Ende behauptet Luc, dass Aẽnîd ihn noch nie beim Namen genannt hätte, was aber nicht stimmt, weil er sich kurz vor dem Streit zwischen Hannah und Aẽnîd schon einmal freut (wenn ich mich recht entsinne), dass dieser sie endlich beim Namen nennt. Am Anfang des Buches hatte ich die Reise von Aẽnîd so interpretiert, dass er noch ein paar Wochen für die ganze Reise hat, für den Weg aber eigentlich nicht mehr als ein paar Tage braucht und so fand ich es sehr seltsam, dass alleine die Reise durch die Wüste schon ein 4-tägiger Marsch ist. Ein weiterer kleiner Punkt ist, dass in den Dialogen häufig nicht ganz klar wird, wer nun spricht und wer handelt. Natürlich weiß ich, dass man solche Formulierungen wie „Sie sagt“, „er meint“ nicht schreiben sollte, aber ich hätte mir hier dennoch mehr Klarheit gewünscht, damit ich besser verstehe, was eigentlich gerade zwischen welchen Figuren besprochen wird; vor allem dann, wenn gerade viele Figuren zusammen sind und potentiell miteinander sprechen könnten. Und: Was genau passiert mit Nio? Ja, sie wollten ihn zurück an den Königshof von Aẽnîds Eltern bringen, aber wer bewacht ihn während alle losgehen, um Arth zu retten? Das sind alles so Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind, die dem Lesegenuss kleinere Dämpfer verpasst haben. Natürlich ist davon nichts wirklich schlimm, aber so in der Gesamtheit ist es eben doch auffällig.
Das heißt aber nicht, dass ich das Buch nicht mochte. Im Gegenteil: Hannah hat mir unglaublich gut gefallen, ihre toughe Art und dass sie sich nicht heulend an Aẽnîd klammert, fand ich sehr gut. Auch, dass sie bereit ist mit ihrem Bruder wegzulaufen, ohne zu wissen, wohin sie sollen, fand ich unglaublich mutig und den Übergang in die unbekannte Welt erst recht. Luc fand ich auch sehr sympathisch. Er hat zwar hin und wieder Mal Angst oder ist unsicher, verlässt sich aber auf seine Schwester und zeigt auch selbst Mut und entwickelt Selbstvertrauen. Bei Aẽnîd war die Entwicklung natürlich am größten, was schlichtweg an der Anfangssituation lag. Er ist am Anfang ein Arsch, was in der Behandlung seiner Eltern und dem Bann begründet ist, aber nichts daran ändert, dass er entsprechende Bindungs- und Vertrauensschwierigkeiten hat.
Die Geschichte selbst ist natürlich recht jugendbuchig, weil die Reise selbst ein Teil des Ziels ist und hier ganz viel Charakterbildung geschieht. Das ist ein Element, das man ganz häufig in Jugendbüchern findet. Schade war vielleicht, dass die Aufgabe dann doch recht einfach überstanden werden konnte. Wenn Luc und Aẽnîd noch irgendwas hätten tun müssen, um noch mal zu beweisen, dass sie der Prüfung wert sind, dann wäre noch mal mehr Spannung reingekommen, wenngleich ich natürlich verstehe, dass niemand damit gerechnet hat, dass die Reise selbst für Aẽnîd und seine menschlichen Helfer so gefährlich werden wird.
Für mich sind aber noch einige Sachen offen geblieben: Was ist mit den drei Armbändern? Wie leben sich Hannah und Luc in Drõmar ein? Was bedeuten die Male, die Hannah und Aẽnîd bekommen haben? Was bedeutet es, dass sie nun ihre neue Ausbildung antreten dürfen? Resultieren daraus noch weitere Abenteuer (könnte man ja meinen, wenn am Ende des Buches noch der Anfang einer Ausbildung angesprochen wird)? Wie verhält sich der grauenvolle Autounfall zu den Kräften der Kinder? Diese und weitere Fragen hätte ich gerne noch beantwortet bekommen, sodass ich natürlich hoffe, dass Calin Noell noch eine Fortsetzung schreibt und es sich bei diesem Band nur um den ersten Band handelt. Sie hat auch schon angedeutet, dass sie vielleicht (möglichweise sogar zeitnah) eine Fortsetzung schreiben möchte, dass sie aber schauen muss, wann sie es schafft.
Apropos Autounfall: Der Unfall wird ziemlich realistisch beschrieben und hat mich sehr gerührt und getroffen. Für wen solche Unglücksfälle also zu emotional sind, der sollte die Stelle überblättern, obwohl die Szene recht wichtig für den weiteren Verlauf wird.
Mir hat Drõmar: Ehre und Wut von Calin Noell unglaublich gut gefallen und ich wollte gar nicht mehr weg aus der Welt und habe es ein bisschen vor mir hergeschoben das Ende zu lesen und die Rezension zu schreiben, weil ich mich dann ja endgültig von Hannah, Luc und Aẽnîd verabschieden muss. Ich hoffe jetzt einfach mal, dass das kein Abschied für immer ist und ich bald wieder zurück nach Drõmar kann.
P.S.: Ich denke Calin Noell für das Abhalten der Leserunde. Mir hat meine erste Leserunde unglaublich gut gefallen.