Hörbücher ·Lady Hardcastle und der Tote im Wald von T. E. Kinsey

Rezension: Lady Hardcastle und der Tote im Wald von T. E. Kinsey

Lady Hardcastle und der Tote im Wald von T. E. Kinsey ist der erste Roman der Lady Hardcastle-Reihe um Lady Emily Hardcastle und ihre Zofe Miss Florence „Flo“ Armstrong. Den Band habe als Hörbuch gehört, sodass ich sowohl auf den Inhalt als auch auf das Medium eingehen werde.

Der Roman spielt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Lady Hardcastle war zwar verheiratet, ist aber seit einigen Jahren verwitwet. Nachdem ihr Mann ermordet wurde, reist sie weiter durch Asien und befindet sich zeitweilig auf der Flucht. Gemeinsam erleben die beiden Frauen einige Abenteuer, was sie nicht nur zusammenschweißt, obwohl sie aus unterschiedlichen Welten kommen, sondern auch die offene Art zeigt, die Lady Hardcastle an den Tag legt. Sie behandelt ihre Angestellte stets mit großem Respekt und eher wie eine Freundin als wie eine Dienerin, denn sie ist überzeugt, dass die Arbeiterbewegungen auf dem Vormarsch sind. Außerdem hat sie sich als junge Frau durchgesetzt, weil ihre Eltern sie natürlich nicht studieren lassen wollten, sie dies aber unbedingt wollte, obwohl sie keinen Abschluss machen durfte.

Miss Florence Armstrong erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht, wodurch wir sie ganz gut kennenlernen. Flo liebt Literatur und ist für eine Hausangestellte auch ziemlich gebildet. Sie ist abenteuerlustig und obwohl sie die Ruhe in Gloucestershire genießt, beschwert sie sich auch, dass ihr dort langweilig wird. So ist sie von den Mordermittlungen ihrer Herrin ganz begeistert und erst recht, nachdem sie auch noch den Auftrag erhalten haben nach dem Juwel zu suchen. Dass sie auch alleine am Tatort spionieren darf und Befragungen durchführen darf, gefällt ihr natürlich auch. Flo ist ziemlich gut in Selbstverteidigung und greift auch mal durch, wenn es notwendig ist.

Lady Hardcastle und Miss Armstrong sind zwar sehr verschiedene Charaktere, aber es handelt sich bei beiden Frauen um sehr toughe Frauen, die klug sind und ihrer Zeit voraus. Ich mochte beide gerne und fand sie vor allem in der Kombination als Detektivinnen-Duo unglaublich cool.

Die Geschichte selbst scheint am Anfang wenig plausibel, denn offenbar sind in kürzester Zeit in einem kleinen Ort zwei Morde verübt worden, aber der Inspektor spricht über die Wahrscheinlichkeit mit Miss Armstrong und es stellt sich heraus, dass so etwas gar nicht so unwahrscheinlich ist. Zwei Morde könnten durchaus von zwei Mördern unabhängig voneinander begangen worden sein, aber auch, dass ein Mörder für beide Opfer verantwortlich ist, lässt sich nicht ausschließen.

Darüber hinaus ist die Geschichte wirklich spannend und passt gut in die damalige Zeit. Es gibt immer wieder Befragungen und Untersuchungen durch Lady Hardcastle und Miss Armstrong, aber sie dürfen zusätzlich auch bei den polizeilichen Befragungen anwesend sein, wodurch sie dem Täter immer näher kommen, eine Schmugglerbande auffliegen lassen, die Geheimnisse mancher Anwesenden aufdecken und den gestohlenen Smaragd finden. An der ein oder anderen Stelle machen die beiden Detektivinnen zwar Fehler, aber im Großen und Ganzen schlagen sie sich ganz wacker bei ihren Ermittlungen. Es handelt sich eben um einen typisch englischen Krimi dieser Zeit, wenngleich zwei Frauen ermitteln.

Wie oben schon erwähnt, beschreibt Miss Armstrong die Ereignisse aus ihrer Sicht und sie scheint sie auch erst im Nachhinein irgendwann verschriftlicht zu haben, was an ein paar Stellen deutlich wird. Diese Erzählperspektive kennt man ja – bekanntermaßen – von Dr. Watson, der die Abenteuer mit seinem Freund Sherlock Holmes niederschreibt. Ich weiß nicht genau, wieso Miss Armstrong ihre Abenteuer mit ihrer Herrin aufschreibt, aber ich mochte diese Perspektive sehr, auch wenn die Erzählinstanz natürlich etwas unzuverlässig wird, weil sie nicht weiß, was Lady Hardcastle ermittelt und weil sie manchmal erst am Ende versteht, was die Pläne ihrer Herrin sind. Dennoch ergibt sich daraus eine gewisse Realitätsnähe, die mir gut gefallen hat.

Julia von Tettenborn, die Sprecherin, hat ihre Sache gut gemacht. Ich habe am Anfang etwas gebraucht, um mich an die seltsame Sprechweise von Lady Hardcastle und den befremdlichen Stil zu gewöhnen, aber nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, waren die Stimme, die Sprechweise und der Stil ein rundes Gesamtpaket. An der ein oder anderen Stelle bin ich tatsächlich über die seltsame Ausdrucksweise von Lady Hardcastle gestolpert, aber das gab ihr für mich eine gewisse Originalität. Miss Armstrong klingt an der ein oder anderen Stelle etwas zu gefühlskalt und sarkastisch, wo es für mich nicht in die Handlung gepasst hat, aber grundsätzlich mochte ich es, wie die Sprecherin beiden Frauen einen eigenen Charakter mit ihrer Stimme verlieh. Meistens konnte man ganz gut auseinanderhalten, ob hier gerade Lady Hardcastle oder Miss Armstrong dachte und sprach. Ich finde es ja immer sehr beeindruckend, wenn eine Sprecherin so mit der Stimme spielen kann, dass jeder Charakter seine eigene Tonlage oder Stimmvariante bekommt. Da es sich auch um eine ungekürzte Lesung handelte, hatte ich auch nirgendwo den Eindruck dass irgendetwas fehlte.

Insgesamt hat mir das erste Abenteuer Lady Hardcastle und der Tote im Wald verfasst von T. E. Kinsey um Lady Hardcastle und ihre Zofe Miss Armstrong ganz gut gefallen. An der ein oder anderen Stelle hatte ich das Gefühl, dass es sich nicht um den ersten Band handelte, denn sie verweisen immer wieder auf vergangene Abenteuer, die aber offenbar nicht niedergeschrieben wurden. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die nachfolgenden Bände der Reihe und hoffe, dass Julia von Tettenborn auch diese einspricht, denn für mich gehört ihre Stimme einfach zu Lady Hardcastle dazu.

 

 

 

Vielen Dank an Random House Audio für das Hörbuchrezensionsexemplar!

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