Bei diesem Roman handelt es sich um die fiktive Autobiographie der Schwedischen Gräfin von G***. Die Gräfin beginnt mit ihrer Erzählung als sie 16 Jahre alt ist und den Brief eines Grafen erhält, der sie im letzten Jahr bei einem Besuch getroffen und sich in sie verliebt hat. Die beiden heiraten und sie zieht zu ihrem Mann auf dessen Landgut. Dort leben sie in Ruhe, allerdings stirbt ihr Schwiegervater irgendwann und zuvor erfährt sie noch, dass ihr Mann mit einer anderen Frau, einer Bürgerlichen, zwei Kinder hat. Als ihr Mann als Soldat in einer Schlacht schwer verwundet wird und wegen eines Fehlverhaltens verurteilt wird, flieht die Gräfin mit dem besten Freund ihres Mannes, der mit ihr auf dem Landgut ihres Ehemannes gelebt hat. Bevor sie flieht, erfährt sie, dass ihr Mann gestorben sei, sodass sie nach einiger Zeit im Exil den besten Freund ihres Mannes, einen Bürgerlichen, heiratet, da in der Niederlande niemand weiß, dass sie von Rang ist. Als ihr erster Mann viele Jahre später wieder vor ihr steht, ist sie schockiert. Ihr Mann erzählt ihr seine Abenteuer in russischer Gefangenschaft und in Sibirien und dass er dort Freunde gefunden und wieder verloren hat. Außerdem lernen sie viele neue Bekannte kennen, einige sterben und auch die Kinder ihres ersten Mannes spielen eine wichtige Rolle in ihrem Leben…
Es passiert wirklich viel in diesem Roman, der zu den ersten Romanen in Deutschland gehört und diese Gattung wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit geführt hat. Viele Autoren haben auf den Vorarbeiten zur Gattung von Gellert ihre eigenen Romane aufgebaut.
Ich muss ja sagen, dass ich am Anfang sehr begeistert war von der Bildung, die diese junge Frau erfährt. Sie spricht darüber, dass sie halbtags wie ein Junge und die andere Hälfte des Tages wie ein Mädchen unterrichtet werde, was ich für sehr fortschrittlich gehalten habe. Leider ist die Begründung dafür recht archaisch: wenn sie einen klugen Mann heiratet, wird dieser sich mit ihr unterhalten wollen und dafür muss sie eine gewisse Bildung besitzen. Es geht also nur darum, eine möglichst gute Partie zu machen, denn da sie über keinerlei Vermögen verfügt, muss ihr Mann sie aus anderen Gründen heiraten wollen.
Ich habe nach dem Lesen des Romans noch den Anhang des Reclam-Hefts gelesen und war sehr irritiert, dass der Roman zeitgenössisch sehr kritisch bewertet wurde und dann ist mir klar geworden, dass ich während des Lesens Kritikpunkte hatte, die wahrscheinlich auch damals zu Kritik geführt haben und dass das wohl die Gründe für die schlechte Bewertung damals war. Man hat immer wieder den Eindruck, dass die Figuren sich ein bisschen wie Figuren in einer Fernseh-Soap verhalten und dass ständig irgendwelche dramatischen Dinge (Todesfälle, Gefangenahmen, seltsame Ehekonstrukte) geschehen sind um die Handlung möglichst abwechslungsreich und spannend zu gestalten. Ich fand es schon sehr interessant, dass so ein Roman damals veröffentlicht und gelesen wurde. Solche Literatur würde man heute in billigen Groschenheftchen oder in der täglichen Vorabend-Soap erwarten. Aber das war wohl schon damals etwas, womit sich die Menschen unterhalten wollten.
Alles in allem fand ich Das Leben der Schwedischen Gräfin von G*** von Christian Fürchtegott Gellert aber sehr unterhaltsam. Die Figuren waren interessant, auch wenn ich es schade fand, dass immer wieder schlimme Dinge geschehen und Figuren gestorben sind. Dennoch wirkten die Figuren auf mich irgendwie mit ihrem Leben zufrieden und glücklich, was auch daran lag, dass sie immer genug Geld für ein glückliches Leben hatten. Von mir gibt es also eine Empfehlung für diesen historischen Roman, die fiktive Autobiographie der Schwedischen Gräfin von G***.