Kleine Wunder um Mitternacht von K. Higashino

Inhaltsangabe: Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino

Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino erzählt die Geschichte von einem Gemischtwarenladen und dessen Besitzer, der den Menschen, die einen Rat suchen, diesen erteilt.

Die Geschichte beginnt mit drei Einbrechern, die zufällig in einen alten, geschlossenen Gemischtwarenladen einbrechen. Dort wollen sie die Nacht verbringen bis sie am nächsten Morgen weiterreisen können. Als sie hören wie ein Brief durch den Schlitz im Rollladen geworfen wird, halten sie dies erst für einen Scherz oder für einen Plan um sie aus dem Laden raus zu locken. In dem Brief schildert eine junge Frau ihnen ein Problem und bittet um Rat: Sie ist Sportlerin und möchte an Olympia teilnehmen. Um für die olympischen Spiele ausgewählt zu werden, muss sie viel trainieren. Gleichzeitig ist ihr Freund allerdings schwerkrank und hat nur noch ein paar Monate zu leben. Sein größter Traum ist es, sie bei Olympia antreten zu sehen. Deshalb weiß sie nicht, ob sie bei ihm bleiben soll, oder ob sie lieber trainieren soll. Egal was die drei Einbrecher Atsuya, Kohei und Shota ihr raten, sie verdreht diese Ratschläge und macht offenbar immer das komplette Gegenteil. Resigniert geben die drei auf, doch es kommen nun auch noch neue Briefe von anderen Ratsuchenden.

In der nächsten Geschichte geht es um einen Musiker, der sein Studium abbricht, um endlich groß rauszukommen. Nachhause möchte er erst wieder zurückkehren nachdem er seinen Durchbruch gefeiert hat. Als er eines Tages einen Anruf seiner Schwester erhält, die ihm mitteilt, dass seine Großmutter gestorben ist, fährt er nachhause um zur Trauerfeier bei seiner Familie zu sein. Als er sieht wie schlecht es seinem Vater geht, sucht er Rat bei Herrn Namiya: Soll er seinen Traum von der Musik aufgeben und in das Fischgeschäft seiner Eltern einsteigen, damit sein Vater weniger arbeiten muss? Shota, Atsuya und Kohei sagen ihm auf den Kopf zu wie dämlich er ist, den sicheren Job im Geschäft seiner Eltern nicht anzunehmen, obwohl andere froh wären, hätten sie einen Job. Als sich herausstellt wer der Musiker ist, raten sie ihm plötzlich doch zu seiner Musikkarriere. Eines Abends spielt er in einem Kinderheim in der Nähe seiner Heimatstadt. Dort kommt es am Weihnachtsabend zu einem großen Unglück, denn es bricht ein Feuer aus.

Im dritten Abschnitt geht es um Herrn Namiya selbst, der zum einen einen Hilferuf einer jungen Frau erhält und zum anderen um seine Krankheit, seinen Tod und einen Traum, den er sich erfüllt. Diese junge Frau ist schwanger von einem verheirateten Mann. Sie ist unsicher, ob sie das Kind bekommen soll, oder nicht und schreibt Herrn Namiya, um ihn um Rat zu bitten. Er ist unsicher, was er ihr raten soll, denn sie hat zuvor mehrmals versucht schwanger zu werden, wurde aber nie schwanger. Diese Schwangerschaft ist also wahrscheinlich ihre letzte Chance ein Kind zu bekommen. Yuji Namiya bittet seinen Sohn um einen großen Gefallen bevor er stirbt: Er soll in der Zukunft, in 30 Jahren, ein Special ankündigen. Dazu sollen alle, die jemals einen Rat von Herrn Namiya erhielten, ihre ungeschminkte Meinung an ihn senden. Dieser erhält dann in der Vergangenheit die Briefe und kann sie vor seinem Tod noch lesen.

Danach kommt ein Jugendlicher auf Herrn Namiya zu. Durch sein Problem wird das Verfahren der Ratsuche bei Namiya Gemischtwaren verändert: Früher kamen die Kinder und Jugendlichen mit Scherzfragen zu ihm, doch Kosuke hat ein ernsthafteres Problem. Seine Eltern wollen bei Nacht und Nebel mit ihm verschwinden, um ihren Schulden zu entgehen. Kosuke möchte nicht mitfahren, hat er das Vertrauen zu seinen Eltern doch verloren und fragt nun was er tun soll. Kosuke entscheidet sich gegen den Rat von Herrn Namiya, läuft weg, wird aufgegriffen und ins Kinderheim gesteckt, wo er bleibt bis er eine Ausbildung in einer Holzwerkstatt beginnt.

Im letzten Teil geht es um ebenfalls um eine junge Frau. Sie möchte den Menschen, die in ihrer Kindheit für sie da waren, eine Hilfe sein, allerdings kann sie mit ihrem mickrigen Bürojob kaum selbst überleben, geschweige denn, dass sie etwas übrig hat, um ihre Familie zu unterstützen. Als ihr ein Job als Hostess angeboten wird, macht sie eine Zeit lang zwei Jobs, aber da sie so müde ist, überlegt sie, den Bürojob aufzugeben. Hier wünscht sie sich seinen Rat von Herrn Namiya, allerdings möchte sie eher wissen, wie sie ihrer Familie von der Notwendigkeit des Hostess-Jobs überzeugen kann. Namiya (bzw. Shota, Atsuya und Kohei), die der jungen Frau erst raten, reich zu heiraten, greifen massiv in die Zukunft ein und empfehlen ihr so viel Geld wie möglich anzusparen. Sie geben ihr Hinweise wie sich die Wirtschaft entwickeln wird, sodass sie immer rechtzeitig in ein Geschäft ein- aber auch pünktlich wieder aussteigen kann.

Alle Figuren haben eine Verbindung zu Marukoen, dem Waisenhaus, und kommen auf die ein oder andere Weise in Kontakt mit Namiya Gemischtwaren, denn auch die drei Einbrecher waren früher in diesem Waisenhaus. Und wie sich herausstellt, hatte sogar Herr Namiya eine sehr enge Verbindung zum Waisenhaus…

Kleine Wunder um Mitternacht von K. Higashino

Rezension: Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino

Der Roman Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino vereint die unterschiedlichsten Leben, Geschichten, Figuren und zeigt wie wertvoll ein Ratschlag, der von Herzen kommt, in einer schweren Stunde sein kann.

Atsuya, Kohei und Shota sind eigentlich nicht sympathischsten Zeitgenossen und dennoch mochte ich sie von Anfang an. Sie sind Kleinkriminelle, leben am Existenzminimum und machen nichts aus sich oder ihrem Leben und gerade deshalb entpuppen sie sich als drei einfühlsame Ratgeber. Sie regen sich zu Anfang sehr über die Ratsuchenden auf, weil diese nicht tun, was sie ihnen raten oder sie tun sogar das genaue Gegenteil von dem, was sie den Leuten geraten haben, aber mit der Zeit merken sie immer mehr wie schön es ist, wenn man gebraucht und um Rat gebeten wird. Sie lernen den Ratsuchenden zuzuhören und gehen auf deren Probleme ein; wenngleich ihre Methode den Menschen einen Rat zu suchen unkonventionell bleibt.

Die Geschichte hat etwas magisches, zumal sie auch ein übernatürliches Element hat. Die Briefe werden in der Vergangenheit in den Schlitz im Rollladen geworfen und landen bei den drei Einbrechern in der Zukunft. Legen diese ihre Antwort in den Milchkasten, erhält ihn der Ratsuchende aus der Vergangenheit. Als Atsuya einen leeren Brief durch den Schlitz wirft, findet dieser seinen Weg in die Vergangenheit zu Herrn Namiya, der diesen leeren Zettel genauso ernst, wenn nicht sogar noch ernster, nimmt wie alle anderen.

Dass immer mehr Menschen, die sich an Namiya Gemischtwaren wenden, eine Verbindung zum Kinderheim Marukoen haben, wird während des Romans mit jeder Seite offensichtlicher. Hier wäre ein erneuter Lesedurchgang sicherlich sinnvoll, damit man die ganzen Verbindungen der Figuren untereinander und auch zu Marukoen besser überblickt. Man kann sich also Leserin also denken, dass auch hier noch ein übernatürliches Element seine bzw. eigentlich sogar ihre Finger im Spiel haben muss.

Ich fand es unglaublich toll, dass die Figuren, die voneinander teilweise nicht einmal wussten, dass sie existieren oder zumindest nicht wissen, dass sich jeder und jede Einzelne von ihnen an Herrn Namiya gewendet hat um diesen um Rat zu bitten, alle eine Verbindung haben, sich untereinander kennen. Manche bitten Herrn Namiya um Rat, nachdem sie in Marukoen waren, andere bitten ihn um Rat und kommen dann erst später auf beinahe gespenstische Art und Weise ins Kinderheim. Über alle Figuren, egal wie unterschiedlich ihre Biographien, ihre Probleme sind, scheint jemand zu wachen und mit dem Finger auf die Lösung zu weisen.

Hinzu kommt auch noch, dass man sich natürlich freut, wenn man Figuren aus vergangenen Geschichten noch einmal wieder sieht, wenn man erfährt, dass für sie alles gut ausgegangen ist, nachdem man mit ihnen mitgefiebert hat oder warum eben nicht alles gut ausgehen konnte und dass das dann vielleicht trotzdem in Ordnung so ist. Das Buch vermittelt eine unglaublich wichtige Eigenschaft: Akzeptanz. Gerade auch weil die Geschichte Elemente aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart miteinander verwebt.

Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino berührt auf vielfältige Weise. Ich musste an der ein oder anderen Stelle schmunzeln, habe geweint, mitgefiebert und mich gefragt wie die Entscheidung wohl ausfällt und natürlich habe ich gehofft, dass jede Ratsuchende das bekommt, was sie sich wünscht. Vor allem das Ende hat mich sehr berührt, auch weil es nicht so geendet hat, wie ich erwartet hatte.

Das Cover des Buches ist wunderschön. Der Zweig mit den Blüten passt gut zum Ambiente des Buches, wenngleich er nicht direkt etwas mit dem Inhalt zu tun hat. Mir hat aber vor allem das metallisch glänzende Blau des Hintergrundes gefallen.

Eine Sache ist mir noch aufgefallen und vielleicht sehe ich Gespenster: Aber ich erkenne Anspielungen auf Detektiv Conan. Zum einen werden die Stadtteile bzw. Bezirke Tokios erwähnt, die ich als Detektiv Conan-Namen kenne (Aoyama und Edogawa), eine der Figuren nennt sich Shinichi Fujikawa (Shinichi von Shinkansen und Fujikawa von dem Autobahnrastplatz an dem er weggelaufen ist). Vielleicht ist Shinichi ein ganz alltäglicher Name in Japan, aber ich fand den Zufall, dass gerade der Jugendliche, der nicht möchte, dass irgendwer hinter seine wahre Identität kommt sich Shinichi nennt, sehr groß. Ich weiß zwar nicht, ob es stimmt, aber hier könnte man durchaus eine Anspielung an Detektiv Conan erkennen und ich gehe mal davon aus, dass der Stoff des bekannten und schon etwas älteren Mangas (und Animes) in Japan sehr bekannt ist.

Alles in allem hat mir Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino unglaublich gut gefallen. Ich mochte die Atmosphäre, die Figuren, die Geschichte und die Botschaft und kann den Roman wirklich jedem ans Herz legen.

 

 

 

Ich habe Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino im Rahmen einer Bloggeraktion gelesen, und dazu auch ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Danke dafür!